Bengel, Johann Albrecht – Über lästerliche Gedanken

Es mag wohl sein, daß der Satan hie und da sein Teil hat an solchen Gedanken; aber man muß sich hüten, daß man sie ihm nicht gar zu geschwind zuschreibe. Im menschlichen Herzen selbst ist genug Vorrat vorhanden für solchen Unflat, besonders bei solchen, die eine lebhafte Einbildungskraft haben; aber unter Hunderten, die in solcher notvollen Lage stecken, ist kaum einer, der es sich anmerken läßt und damit herausrückt. Man muß aber bei solchen Seelen nicht eigens auf dieses eine Übel einzuwirken suchen, sondern ihr Geständnis als eine Gelegenheit gebrauchen, auf den ganzen Zustand ihrer Seele zu sprechen zu kommen und zu trachten, ihr durch Buße und Bekehrung aufzuhelfen. Man muß nicht nur die eine Wurzel, die so hervorragt, abzuschneiden, sondern den ganzen Zusammenhang des Verderbens hinzunehmen bemüht sein, wie es die Ärzte machen, die um eines einzigen erkrankten Gliedes willen eine Kur mit dem Blut des Menschen durchführen. Ohne dies hilft man nicht gründlich. Deswegen ist es gut, wenn man den Leuten nicht zu bald sagt, sie müßten es eben als eine Demütigung und Läuterung tragen und anwenden, sondern man muß sie auf die Notwendigkeit einer wahren Sinnesänderung hinweisen. Dann vertreibt ein Gegensatz den andern. Finsternis kann nur durchs Licht überwunden werden. Der Lästerung muß man fein bald, wenn nicht mit der Stimme, so doch mit den Lippen das Lob Gottes entgegensetzen. Wenn man einen lästerlichen Gedanken in den Sinn bekommt, dann soll man nur geschwind sich selbst zum Subjekt (Gegenstand oder Träger der Lästerung) machen. Es ist gar leicht möglich, daß man in solchen Dingen Übung bekommt, so daß hernach alles auf dieselbe Saite gestimmt wird; und da ist es nicht viel anders, als wenn ich eines andern Lästerungen, die ich durchaus verabscheue, in meinem Sinn habe. Das wird mir nicht zugerechnet. Es ist aber gut, wenn man andern, die um einen sind, bekennt, daß man diese oder jene Plage in seinen Gedanken habe, was uns nicht nur um unsretwillen leid sei, sondern auch um anderer willen, die mit uns geplagt sein müssen. Dieses offene Geständnis erweckt ein außerordentliches Mitleiden bei denen, die sich mit uns abschleppen müssen; sie werden dann mehr Nachsicht mit uns haben.

Bengel, Johann Albrecht – Der Weg zum Himmel

Gott hat seinen eingebornen Sohn gesandt in die Welt, daß er die Sünde und alles Unheil, in das der Mensch sich selber gestürzt hat und aus dem er sich nicht wieder heraushelfen kann, wegnehmen, Gerechtigkeit, Leben und Seligkeit wiederbringen und den Menschen zu dem verlorengegangenen Bild Gottes und zur Gemeinschaft mit dem ewigen Licht wieder herstellen sollte. Dieses Gebot des himmlischen Vaters hat der Sohn willig vollbracht, indem er sich für unsre Sünden selbst geopfert, das Gesetz vollkommen erfüllt, die Strafe getragen, uns von dem Fluch befreit, mit Gott versöhnt, von der Gewalt der Sünden, des Todes und des Teufels erlöst und die Gabe des Heiligen Geistes und des ewigen Lebens erworben hat. Durch das Verdienst, die Macht und die Fürbitte dieses einigen Mittlers kommen wir zu Gott; wir können solchen Verdienstes nicht anders teilhaftig werden als durch eine herzhafte Ergreifung und Aneignung desselben. Durch den Glauben an den Namen Jesu Christi, des Sohnes Gottes, werden wir gerecht und selig und frei von unsern Sünden und deren Schuld, vom Fluch, von der Herrschaft (Eph. 2, 2), vom bösen Gewissen und allem Unheil. Es kommt auf keine Kreatur und deren fremdes oder eigenes vorangehendes, mitwirkendes oder nachfolgendes Werk an, sondern allein auf den Glauben. Solchen Glauben haben nicht alle, die ihn im Munde führen. Er ist eine Gabe, ein Werk, eine Kraft und ein Licht Gottes, durch das der Mensch erleuchtet, belebt und bewogen wird, bei tiefster Erkenntnis und Empfindung seines eignen Verderbens, seiner Armut und Ohnmacht, bei demütiger Verleugnung eigner Tüchtigkeit und Würdigkeit und bei sehnendem Verlangen nach lauterer Gnade in dem einigen, vom Vater dargestellten und durchs Wort dem zagenden Herzen angepriesenen Mittler alle Gerechtigkeit, Kraft und Seligkeit zu suchen. Man wird sich damit schützen und bewahren vor dem Zorn Gottes, vor der Anklage des Gesetzes und des Gewissens, vor dem Fluch und der Herrschaft der Sünde und vor dem Anspruch des Todes und der Hölle.

Wo solcher Glaube ist, da ist unfehlbar und unausbleiblich eine gründliche Änderung des Sinnes, ein Mißfallen an allem Ungöttlichen und ein Ekel vor allem eitlen Wesen, eine Untertänigkeit des Herzens gegen Gott und seine heiligen Gebote, ein kindlicher, freiwilliger, ehrerbietiger, gelassener und dankbarer Geist gegenüber Gott, dem himmlischen Vater, ein vorsichtiger Wandel vor seinem Angesicht, ein vertraulicher Umgang mit ihm im Gebet, eine sorgfältige Abschirmung seiner selbst gegen alle Lockungen des Fleisches, der Welt und ihres Fürsten, ein milder, sanfter, liebreicher und wohltätiger Sinn gegen den Nächsten und eine stete Begierde, im Guten immer fester und völliger zu werden. Obwohl nun der Glaube ohne dies alles nicht sein kann, so ist’s doch der Glaube allein, der Christus ergreift und uns gerecht und selig macht. Im Gegensatz dazu ist allein der Unglaube die Formal- und Hauptursache der Verdammnis der Menschen (Mark. 16; Joh. 3); denn ein Ungläubiger will wider die Krankheit seiner verdammlichen Sünden die in Christus bereitete Arznei nicht bei sich wirken lassen.

Bengel, Johann Albrecht – Allein der Glaube

Gott hat seinen eingebornen Sohn gesandt in die Welt, dass er die Sünde und alles Unheil, in das der Mensch sich gestürzt hat und aus dem er sich nicht wieder heraushelfen kann, wegnehmen, Gerechtigkeit, Leben und Seligkeit wiederbringen und den Menschen zu dem verloren gegangenen Bild Gottes und zur Gemeinschaft mit dem ewigen Licht wieder herstellen sollte. Wir können solchen Verdienstes nicht anders teilhaftig werden als durch eine herzhafte Ergreifung und Aneignung desselben.

Es kommt auf keine Kreatur und deren Werk an, sondern allein auf den Glauben. Solchen Glauben haben nicht alle, die ihn im Munde führen. Er ist eine Gabe, ein Werk, eine Kraft und ein Licht Gottes, durch das der Mensch erleuchtet, belebt und bewogen wird. Man wird sich damit schützen und bewahren vor dem Zorn Gottes, vor der Anklage des Gesetzes und des Gewissens, vor dem Fluch und der Herrschaft der Sünde und vor dem Anspruch des Todes und der Hölle.

Wo solcher Glaube ist, da ist unfehlbar und unausbleiblich eine gründliche Änderung des Sinnes, ein Missfallen an allem Ungöttlichen und ein Ekel vor allem eitlen Wesen, eine Untertänigkeit des Herzens gegen Gott und seine heiligen Gebote, ein kindlicher, freiwilliger, ehrerbietiger, gelassener und dankbarer Geist gegenüber Gott, dem himmlischen Vater, ein vorsichtiger Wandel vor seinem Angesicht, ein vertraulicher Umgang mit ihm im Gebet, eine sorgfältige Abschirmung seiner selbst gegen alle Lockungen des Fleisches, der Welt und ihres Fürsten, ein milder, sanfter, liebreicher und wohltätiger Sinn gegen den Nächsten und eine stete Begierde, im Guten immer fester und völliger zu werden.

Obwohl nun der Glaube ohne dies alles nicht sein kann, so ist’s doch der Glaube allein, der Christus ergreift und uns gerecht und selig macht. Im Gegensatz dazu ist allein der Unglaube die Formal- und Hauptursache der Verdammnis der Menschen; denn ein Ungläubiger will wider die Krankheit seiner verdammlichen Sünden die in Christus bereitete Arznei nicht bei sich wirken lassen.

John Bradford – Grund seiner Verurteilung

Die Hauptursache, weshalb ich als Ketzer verurteilt wurde, war die, daß ich leugne, das Sakrament des Altars (das nicht das Abendmahl, sondern – wie jetzt von den Päpstlichen gehandhabt – schlicht eine Perversion ist) sei die reale, natürliche und leibliche Gegenwart von Christi Leib und Blut unter der zufälligen Gestalt von Brot und Wein. Das heißt also, weil ich die Transsubstantiation leugne, die eine Geliebte des Teufels und Tochter und Erbin der antichristlichen Religion ist.

William Booth – Wir glauben an das Heil

Es ist das Heil, das die Leiden, das Sterben und das Blut des Sohnes Gottes uns erworben haben.

Wir glauben, die Welt hat es nötig; das allein und nichts anderes kann sie zurechtbringen; es braucht dazu kein anderes Zaubermittel und nichts Neues. Wir gehen in den Fußspuren der alten Apostel. Der himmlischen Arznei andere Bestandteile beizumischen, ist nicht nötig. Verwunde, töte mit dem alten Schwert, gieße den alten Balsam hinein, und du wirst das alte Ergebnis sehen: Heil. Die Welt hat es nötig. Der schlechteste Mensch, der je herumgelaufen ist, kommt in den Himmel, wenn er es erhält, und der beste Mann, der je gelebt hat, geht zur Hölle, wenn er es nicht hat. O macht das weit und breit bekannt!

Schau her, die schlimmste Seite der Menschheit ist vielleicht ihre Knechtschaft, die Art, wie Teufel und dämonische Gewohnheiten sie regieren. 0 welch eisernes Joch! Frage die Trinker, Spieler, Diebe, Huren, Geizhälse, Vergnügungssüchtigen samt und sonders: Kann die Macht eurer Gewohnheiten nicht gebrochen werden? Können diese Feinde nicht ausgetrieben werden? Können solche Gutes tun, die ihr Leben lang gewohnt waren, Böses zu tun?‘ Frage noch eindringlicher: ,Können diese armen Geschöpfe, diese Gefangenen, nicht von der Gewohnheit des Sündigens zu einem heiligen Leben und einem siegreichen Sterben befreit und gerettet werden? Kann das jetzt geschehen?‘ Die verzweifelte Antwort aller wird sein: „Unmöglich!„ Auch die Scharen der Bekenntnischristen werden erwidern, sie fürchten, es sei unmöglich. Aber frage den Erlösten, und die Antwort wird sowohl in der Theorie, als auf Grund seiner Erfahrung sein, daß das Schlimmste und Schlechteste aufs Vollkommenste gerettet werden kann, denn alles ist möglich dem, der da glaubt.

Was nützt ein Arzt, der nicht heilen, ein Rettungsboot, das nicht zur Rettung ausfahren, und ein Armenpfleger, der nicht helfen kann? Was wäre der Wert eines Heilandes, der nicht gut, gnädig und stark genug wäre, den Bösesten und Verderbtesten zu retten, und zwar so hoch hinauf, als nötig ist, um ihn auf sicheren Boden zu stellen? Aber unser Heiland ist mächtig zu retten.

Friedrich von Bodelschwingh – Starker Trost im Leiden

Das Evangelium von der Witwe, die ihren einzigen Sohn zu Grabe trug, und von dem Heiland, der zu ihr sprach: „Weine nicht!“, und ihr den Toten wiedergab, erinnert uns an die dunklen Heimsuchungen Gottes und die Hiobswege seiner Kinder, noch viel mehr aber an die wunderbaren Liebesabsichten des Herrn und an die über alle Maßen wichtige Herrlichkeit (2.Kor. 4,17). Das Wort des Eliphas (Hiob 5,17): „Siehe, selig ist der Mensch, den Gott straft!“ ist ein goldener Lichtstrahl, aus der Wahrheit geboren, und eine kräftige Arznei für unsere angefochtene Seele. „Denn das eben ist die schwerste und höchste Anfechtung im Leiden,“ sagt Luther, „damit Gott zu Zeiten seine hohen Heiligen angreift, da des Menschen Herz nicht anders fühlt, als habe ihn Gott mit seiner Gnade verlassen und wolle sein nicht mehr, und er sich hinkehrt, sieht er nichts als Zorn und Schrecken.“ Für solche Zeiten braucht unser Herz Licht, das die Finsternis durchbricht und vertreibt.

O, daß wir alle lernten, von Menschen wegsehen und allein auf Gottes Hand und Herz blicken! Es ist dieselbe Hand, die verletzt und verbindet. Es ist dasselbe Herz, das sich erst so hart zu uns stellt und dann heilt, ja „heilet im Herzen die tödlichen Schmerzen, machet uns zeitlich und ewig gesund.“. Solche Erfahrung gibt Hoffnung für alle die Trübsalszeiten, so viel ihrer kommen werden, ja, einen getrosten, unverzagten Sinn, eine stille Zufriedenheit, und die selige Freude auf den Erntetag.

Friedrich von Bodelschwingh – Ein Wort für Leidende

Es kann keine Arznei bei einer Krankheit dauernd so wirksam sein, als die friedevolle Stimmung der Seele, die Vergebung glaubt und die Ruhe und Kraft gefunden hat gegen die Stimme der Leidenschaften, die den Glaubenslosen wie ein steuerloses Schiffchen auf dem Meere hin und hertreiben. Die durch den Geist Gottes beruhigte und befestigte Seele kann dem Andringen des Übels einen Widerstand entgegensetzen. Und wenn die Krankheit auch wirklich nicht weicht, sondern nach Gottes Willen bis ans Ende getragen werden muß, so darf sie dem Betroffenen keinerlei Schaden zufügen, sondern ihm nur zur Förderung dienen auf dem Wege zum ewigen Heil, wie die Sturmwinde, die das Schifflein nur schneller zum Hafen treiben. Innigere Gemeinschaft mit Jesus, kindlicher Glaube, reine Liebe zu ihm und zu den Leidensbrüdern, Freude an der Gemeinschaft seiner Leiden, Geduld in der Trübsal, selige Hoffnung des ewigen Lebens, Sterbenskraft und Sterbenslust: das sind schon hienieden selige Früchte solches von Gott aufgelegten Kreuzes, köstlicher als alle Freuden dieser Welt und ihre Schätze.

Friedrich von Bodelschwingh – Das neue Lied

Um uns her erwacht in tausend und aber tausend Formen und Farben die Frühlingsherrlichkeit der Erde. Dem empfänglichen Gemüt wird sie zur neuen Offenbarung Gottes. Von seiner Freiheit redet sie, die ohne Schranken wirken und gestalten kann, von seiner Herrschermacht redet sie, die aus dem Tode neues Leben schafft, von der ewigen Festigkeit seiner Liebesgedanken redet sie. So stimmt sie die Herzen auf den rechten Ton: Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder!

Aber dieses Singen von den Wundern Gottes hat für gläubige Christen noch einen anderen, tieferen Grund. Weil wir von Ostern herkommen und an den auferstandenen Heiland glauben dürfen, darum stehen wir täglich in der Frühlingszeit im Reich der Gnade. Doch wie wir immer aufs neue Augen und Herzen der Schönheit erschließen müssen, die sich draußen um uns her entfaltet, so müssen wir immer aufs neue zu erfassen suchen, was Christi Leben uns bedeutet. Wir verlieren so leicht unseren schönsten Schatz. Wir vergessen so schnell, was das Beste in der Welt ist. Darum ruft uns die Schrift mit eindringlichem Ernste zu: „Halt im Gedächtnis Jesus Christus, der auferstanden ist von den Toten!“

Es gibt Klöster, deren Bewohner ewiges Schweigen gelobt haben. Wenn sie sich begegnen, dürfen sie sich nur mit Grabesstimme die beiden Worte zurufen: „memento mori“, d.h. „Gedenke daran, daß du sterben mußt!“ Wir, die in der österlichen Frühlingszeit leben, dürfen ein besseres Wort einander und uns selber immer wieder zurufen: Gedenke daran, da´du einen auferstandenen Heiland hast! Christi Auferstehung soll täglich unsere Freude sein. Darum: Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder!

Christoph Blumhardt – Nachfolge

Schon den Kindern prägt man von klein auf total falsche Begriffe ein. Da lehren wir unsere Kinder den Vers: „Weil ich Jesu Schäflein bin, führt er mich auf gute Weide.“ Ich sage: Nein! Weil du Jesu Schäflein bist, deswegen hast du Wolle, und die mußt du scheren lassen! Man hat die Schafe nicht wegen der Weide, sondern man hat sie wegen der Wolle! Wir sollten opponieren gegen alle die Sprüchlein und Verslein, die von frühester Jugend an unseren Kindern lauter Schmeicheleien ins Herz legen, daß kein Kind mehr daran denkt, daß es seine Haut lassen muß für den lieben Gott. Er soll immer geben, und keines denkt daran, daß es auch etwas zu leisten hat. Und doch steht das Wort des Herrn Jesus da, wie man sein Leben hergeben soll. Wir sollten schon zu unseren Kindern in der Wiege sagen: „Du Kind, du mußt sterben für den lieben Gott! Und wenn du etwas suchst für dich in deinem Leben, dann wehe dir!“

So sollen wir hinstehen; aber statt dessen sagen wir: „Der Herr segne dich,liebes Kind, und behüte dich auf deinen Wegen!“ Diesen weichlichen Sinn pflegen wir an unseren Kindern. Was Wunder, wenn sie dann so unverschämt sind gegen den lieben Gott und sie schließlich, wenn er nicht gleich hilft, ihm fluchen? Darum wollen wir es anders machen, und wenn wir auch ganz vereinsamt bleiben auf der Welt. Wir wollen ein Volk sein, das sein Leben in die Schanze schlägt, und dann werden wir es noch erleben, daß sich die Welt dreht.