Aurelius Augustinus – Der Glaube Abrahams

Abraham brachte seinen Sohn Gott zum Opfer dar, ein großes Werk, aber aus dem Glauben. Ich lobe den Bau desWerkes, aber ich sehe auf den Grund des Glaubens. Ich lobe die Frucht des guten Werkes, aber im Glauben erkenne ich die Wurzel. Denn wenn es Abraham ohne den rechten Glauben gethan, es hätte ihm nicht genützt, wie groß das Werk auch gewesen. Wiederum, wenn Abraham Glauben gehalten und auf den Befehl Gottes, ihm den Sohn zu opfern, zu sich selbst gesagt hätte: „Ich thue es nicht und glaube dennoch, weil mich Gott auch erlös’t, wenn ich seine Befehle verachte;“ so würde der Glaube todt sein ohne Werke und gleichsam eine unfruchtbare und dürre Wurzel bleiben. Wie also? Wir müssen kein Werk dem Glauben vorziehen, so daß Jemand vor dem Glauben gut gehandelt haben sollte. Denn leer sind die Werke vor dem Glauben, obgleich sie den Menschen lobenswerth erscheinen. Sie scheinen mir wie große Kräfte und der schnellste Wagen ohne Weg. Niemand also halte seine Werke für gut ohne den Glauben; wo der Glaube nicht war, war auch das gute Werk nicht; denn gut mach das Werk die Absicht; die Absicht aber lenkt der Glaube.