Dionysius der Karthäuser – Nachfolge

Die bittern Leidenstage des Herrn sollst du dir täglich vor Augen stellen, um an ihnen zu sehen und zu lernen, wie auch du als sein Knecht thun und dulden sollst. Denke darum an jenes letzte heilige Mahl, wo er zu lieben mit Wort und Werk lehrte, mit dem Worte, da er sprach: Ein neu Gebot gebe ich euch, daß ihr euch unter einander liebet, wie ich euch geliebet habe; mit dem Werke, da er den Jüngern die Füße wusch und sie mit seinem Schurz trocknete. Denke daran, wie er darauf in der Angst heftiger betete, also daß sein Schweiß in Blutstropfen zur Erde fiel; wie er verrathen, gefangen und gebunden in das Haus des Hohenpriesters geführt ward, wie die Gewalt der Finsterniß in der Nacht das furchtbarste Spiel mit ihm trieb, wie man ihn geißelte, anspie, schlug und lästerte; wie er aber, der Heilige Gottes, alle Leiden mit Geduld, Sanftmuth und Stille trug. Siehe, wie er vor den Landpfleger als Aufrührer gestellt und verklagt, wie er von Herodes verachtet und zum Spott mit weißen Kleidern angethan wird, wie er wieder entblößt, mit Geißeln zerfleischt und mit Striemen bedeckt, mit Purpur umhüllt und mit Dornen gekrönt dasteht. Da trieft sein heiliges Antlitz überall von Blut, aber man verhöhnt ihn noch mehr, man reißt ihm das Rohr aus der Hand und drückt die Dornen immer tiefer in sein Haupt hinein. Siehe, wie er matt und bleich hinwankt mit dem Kreuzespfahl auf dem Rücken, siehe, wie er zwischen Verbrechern hängt, wie Hände und Füße durchstochen sind, wie der Leib qualvoll gespannt ist; siehe, wie man ihn mit Galle und Essig tränkt; höre ihn, wie er ausruft: Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen!