Irenäus – Der Mensch als Partner Gottes

Darin unterscheidet sich Gott vom Menschen, daß Gott schafft, der Mensch geschaffen wird. Nämlich der Schaffende ist immer derselbe; was aber geschaffen wird, muß Anfang und Mitte, Zunahme und Vermehrung empfangen. Gott spendet Wohltaten – der Mensch empfängt sie. Gott ist in allem vollkommen, sich selber gleich und ähnlich, denn er ist ganz Licht, ganz Geist, ganz Sein und Quelle alles Guten; der Mensch aber schreitet fort und wächst zu Gott hin. Wie nämlich Gott immer derselbe ist, so schreitet auch der Mensch, der in Gott erfunden wird, immer fort zu Gott hin. Auch hört Gott nicht damit auf, dem Menschen wohlzutun und ihn auszustatten, und der Mensch hört nicht damit auf, von Gott Wohltaten zu empfangen und bereichert zu werden. Als Gefäß seiner Güte und als Werkzeug seiner Verherrlichung ist der Mensch dem dankbar, der ihn geschaffen hat; wiederum der Undankbare, der seinen Schöpfer verachtet und seinem Wort nicht untertan ist, wird zum Gefäß seines gerechten Gerichts. Er hat denen, die immer Frucht bringen und mehr Silber vom Herrn haben, verheißen, noch mehr zu geben: „Ei, du guter und getreuer Knecht, weil du in wenigem getreu warst, will ich dich über vieles setzen. Gehe ein zu deines Herrn Freude.“ Der Herr selbst verheißt sehr vieles.

Hus, Jan – Revision der Bibel

Eine Revision der Übersetzung der ganzen Bibel ist erfolgt, da deren Autorität eine so unbedingte, deren Kenntnis daher auch für jeden Christen eine so notwendige ist … Zugang zu dem Himmelreich. Zu beklagen ist, wie die Priester, Schriftge- lehrten und andere Häupter mit Macht dahin arbeiten, daß die gemeinen Leute zur Kenntnis der Schrift nicht kommen … sehen nicht gerne, daß die Menschen, die nicht Priester sind, die hl. Schrift kennen. Und sie wehren ihnen, wie Christus Matt. 23 sagt, daß sie nicht hineinkommen in das Himmelreich, das heißt, daß sie die hl. Schrift nicht lesen und sie also nicht verstehen, und dies vorzüglich, damit das Volk nicht wisse, wie sie leben sollen, dann, daß dieses sie ihrer Sünden wegen nicht strafe; zum dritten, daß das Volk bei der Predigt ihre Irrtümer nicht merke und sie zur besseren Kenntnis der hl. Schrift nicht treibe; zum vierten, weil sie fürchten, daß sie von den Laien nicht mehr so geehrt würden, wenn diese die hl. Schrift lesen möchten.

Hus, Jan – Wertung der Bibel

Die Bibel ist ganz wahr und hinreichend zur Seligkeit des Menschengeschlechts … der Spiegel, durch den wir unser ganzes Leben regulieren müssen … das Maß, nach dem jeder geistliche Richter zu richten und zu messen habe … alle religiöse Wahrheit ist in der Schrift enthalten … Wir können den Teufel nur mit den Waffen überwinden, die auch Christus zu seinem Siege gebrauchte, nämlich mit der hl. Schrift. Und das müssen wir vor allem bedenken, daß Christus zum Teufel nicht etwa sagte: ich bin dein Herr, oder ich bin dein Gott, sondern er bekämpfte und besiegte ihn allein mit der Schrift. Dagegen sind nun freilich alle Diener des Antichrists, die gar nicht dulden wollen, daß treue Christen mit der hl. Schrift sich verteidigen; sie mögen es auch durchaus nicht zulassen, daß man dem gemeinen Volk die hl. Schrift in die Hand gebe, denn sie wollen nur, daß man alles sofort tue und gehorche, wie sie predigen. Und sagt irgend jemand, daß sie doch die hl. Schrift verweisen möchten zur Begründung ihrer Satzungen, so schreien sie gleich: seht doch den Wiclifiten, der die hl. Kirche nicht hören will; sie halten nämlich sich selbst und ihre schrift- widrigen Satzungen für die hl. Kirche.

Die Schrift ist auch eine lebendige Sache, die durch sich und wahrhaft spricht, ein Buch des Lebens, das durch sich richtet … die von dem heiligen Geiste dem Menschen gegebene Wahrheit … Ich bekenne, daß ich nichts als einen zum Seligwerden notwendigen Glaubensgegenstand glauben, festhalten, behaupten und predigen will, wofern ich nicht den theologischen Nachweis darüber habe: das sagt die hl. Schrift ausdrücklich oder implizite, daher ist das als Glaube zu glauben, festzuhalten und zu behaupten, und so schenke ich in Demut der hl. Schrift Glauben, das ist, daß sie geglaubt werden müsse, und so will und werde ich alles, was in der hl. Schrift gesagt ist, halten und glauben, solange in mir Atem ist.

Hus, Jan – Die Reform der Kirche

Die Würde des Kriegsdienstes Christi, die Wichtigkeit des Kampfes um den glorreichen Nutzen des Sieges kann nur ein Priesterbund besitzen, der den Blick hinlenkt auf die große Verantwortlichkeit. Schweige ich, so wird mein Mund mich verdammen, denn, wehe mir, sagt Paulus, wenn ich das Evangelium nicht predige, rede ich aber, so fürchte ich in Wahrheit dasselbe Gericht, daß mich, der ich rede und nicht so handle, mein Mund verdamme.

Man soll Ernst machen mit dem Christentum, das sich im ganzen Leben zu betätigen habe; nicht soll Weltlichkeit der Charakter derer sein, die sich Geistliche nennen. Die Nachlässigkeit der Priester – Hochmut, Geiz, Augenlust, Fleischeslust – ist Schuld am Verderben des Volkes. In der Schrift steht: der Größte unter euch sei wie der Kleinste usw. Sagt doch, wie haltet ihr das?

Schirmherrn des Gesetzes Gottes zu sein, ist die spezifische Aufgabe der weltlichen Herren neben jener allgemeinen, die ihnen als Christenmenschen überhaupt zusteht.

Sittlich-religiös wiedergeboren soll das Volk sein.

Das ist die Art und Natur der Wahrheit, daß sie, je mehr sie mit Dunkel umzogen werden will, desto mehr ans Tageslicht bricht, und je mehr sie niedergedrückt wird, desto mehr sich erhebt.

Hus, Jan – Der Kultus

Das Predigtamt des Wortes Gottes ist der Same, womit der Priester das Volk Gottes erzeugen und nähren soll; eine List des Satans ist es, die heilige Evangelisation zu verkürzen, auszutun und das Zeremonien- und Messewesen an ihre Stelle zu setzen. Da die Päpste, Bischöfe und die anderen Priester die jüngeren Brüder des erstgeborenen Christus sein sollten, so sollten sie aus der streitenden Kirche den Samen ihres Bruders Christus erwecken. Aber leider! lassen sie es daran fehlen und sündigen gar schwer, daß sie den Samen, welcher das Wort Gottes ist, beiseite setzen.

Hus, Jan – Buße

Drei Stücke der Buße: Zerknirschung, Beichte und Genugtuung. Auf der Kontrition als dem Schmerz über die Sünden, als dem Vertrauen auf die Barmherzigkeit und Gnade Gottes, als dem Willen, fürder nicht mehr zu sündigen, liegt alles Gewicht … Es lehren die Heiligen der Kirche Gottes, daß, obgleich den Menschen oft vor der Beichte die Sünden nachgelassen werden, der Sünder doch aus Demut zu einem erfahrenen Priester gehen und ihm seine Sünden beichten solle, damit er von ihm eine heilsame Belehrung und Buße sich erbitte, sich im Guten halte und nicht wieder in seine Sünden verfalle; … man sollte wenigstens Gott seine Sünden beichten…. Außer der Kontrition (Zerknirschung, Reue) und Konfession (Beichte) wird nach der Qualität und Quantität der Schuld die Qualität und Quantität der Strafe und die Frucht des guten Werkes erfordert … Und so vergibt zuerst Gott nach seiner höchsten Macht und Gewalt … zu allerletzt vergeben die Priester die Sünden, indem sie nach der ihnen gegebenen Macht richten und verkünden, wem Gott die Sünden erlasse; es ist ketzerisch zu sagen: Gott könne dem Menschen, wie bußfertig er auch sei, die Sünden nicht vergeben, wenn sie nicht früher der Priester vergebe.

O ihr Bösewichter, die ihr da glaubet, man könne mit Gott wie mit einer Schenkwirtin umgehen, bei der man auf Rechnung säuft, und die man bezahlt, um aufs neue zu saufen. Auch soll jeder wissen, daß das gleichviel ist, wenn man zuvor einem Priester seine Sünden beichtet, und einige Vater unser dafür als Buße betet, und wieder aufs Frische sündigt. Es täusche sich niemand, seine alten Sünden sind ihm hängen geblieben. Denn Gott erläßt sonst keine Sünde, es sei denn, daß der Sünder den aufrichtigen Vorsatz habe, nicht mehr zu sündigen, ja lieber sterben zu wollen, als in eine Todsünde zu willigen. Und er muß ferner eine so innige Reue über seine Sünden empfinden, daß er sie mehr bereut, als wenn er sein ganzes Gut und all seine Freunde verloren hätte.

Hugo von St. Victor – Die Gaben Gottes

O meine Seele, wie viel hat dir dein Bräutigam gegeben! Blicke hin auf diese Welt, zeigt nicht alles Geschaffene die Bestimmung, deinen Nutzen zu fördern und in lieblichem Wechsel dir immerdar Freude zu bereiten? Siehe, meine Seele, und bedenke es sorgfältig, daß dein Schöpfer, Freund und Bräutigam das ganze Weltgebäude dir zum Dienste geordnet hat. Die Engel reinigen und entzünden dein Herz, erleuchten und bilden deinen Verstand, vervollkommnen und bewahren deine Person. Eine große Würde ist es, solche Lehrer, Tröster und Hüter zu haben. O Seele, könntest du es doch sehen, mit welcher Freude und welchem Frohlocken sie um uns stehen, wenn wir beten, mit welcher Betriebsamkeit sie uns im Guten erhalten, mit welcher Sehnsucht sie uns und unser ewiges Heil erwarten! Der Himmel muß dir dienen durch seine Bewegung, die Sterne des Himmels durch ihren Einfluß. Die Sonne schenkt dir das Tageslicht, der Mond scheint dir in der Nacht. Das Feuer mildert dir die Kälte der Luft, die Luft lindert dir die Hitze des Feuers. Das Wasser wäscht dir den Schmutz ab, löscht dir den brennenden Durst und befeuchtet das Ackerland. Die Erde aber hält dich empor durch ihre Festigkeit, erquickt dich durch ihre Fruchtbarkeit, ergötzt dich durch ihre Schönheit. Siehe, meine Seele, kurz bist du alle Dinge durchlausen und hast gefunden, wie Alles deinem Nutzen und deiner Freude dienen muß nach göttlicher Bestimmung. So bewahre nun deinen Brautstand und hüte dich zur Buhlerin zu werden, daß du die Gaben des Gebers lieber hättest, als die Zuneigung deines Freundes.