Jakob Vetter – Nachfolge

Wir brauchen Männer, die keine süßlichen Reden führen und keine schönen Worte drechseln. Wir brauchen Kriegsleute, die scharf zielen und den Pfeil wacker losschnellen lassen, die mit tödlichem Geschoß Herz und Gewissen der Sünder durchbohren, die geheimen Begierden und offenen Sünden bloßlegen, die nicht beim Allgemeinen stehenbleiben, sondern das Besondere nennen und strafen. Kurz – wir brauchen gefährliche Männer im besten Sinne des Wortes, die einem die Pistole auf die Brust und das Messer an die Kehle setzen. Schmeichelei sollte man um keinen Preis auf den Kanzeln dulden. Schmeichler sind noch nie Botschafter an Christi Statt gewesen. Sie besorgen ja die Arbeit der Hölle. Rechte Evangelisten, die scharf schießen, legitimiert auch Gott, daß sie, auf die Frucht ihrer Arbeit schauend, auf eine Schar von Menschen zeigen und sagen können: „Hier ist das Siegel unserer Berufung und Erwählung.“.

Jakob Vetter – Von der Demut.

Wer in Gott seine Ruhe finden will, der muß diese Gnade der Demut und Sanftmut empfangen. Wer sich nicht der Demut befleißigt, bleibt in der Unruhe und wird nie in seinem Gott sein Lebenselement finden. Ein Knecht Gottes sagte einmal: „Die Demut ist das Fundament aller Tugend und der sicherste Weg zum ewigen Heil. Niemand schäme sich der Demut; denn dadurch wird er dem König an Ehre ähnlich. Ohne Demut arten alle andern Tugenden in Untugenden aus.“ — Was ist Demut? Im Hebräischen kommt Demut von Leiden, wenn einem der „Hohe Mut“ (Hochmut) gebrochen; im Griechischen von „niedrig gesinnt sein“. Der Demütige hat keine hohen Gedanken mehr, er unterwirft sich seinem Gott.

Jakob Vetter – Wie bekommt man die Demut?

Sie ist vor allem ein Gnadengeschenk Gottes. Wer in Gott eingekehrt ist und erfüllt wird mit dem Heiligen Geist, der bekommt dieses Kleinod als eine Frucht des Geistes. Das geschieht durch wahre Buße. Wo die ist, da bereut man gründlich seine Sünden und erkennt seine Unreinigkeit und verborgene Bosheit, ja das ganze Verderben seines Herzens. Ein Mensch, der solche Selbsterkenntnis hat, der unterwirft sich seinem Gott. Er ist willig, allem zu entsagen, damit er Gott findet. Hier wird der böse Geist des Hochmuts überwunden und die Demut geboren. In der Seele entsteht ein großes Hungern und Dürsten nach dieser Gnade. Die Demut kann von Gott nicht lassen. Man muß also Gott inbrünstig lieben, dann begnadigt er uns mit dieser Gabe. Ein alter Heiliger hat gesagt: „Die Liebe ist die Mutter der Demut, und je mehr diese Liebe Gottes in uns zunimmt, desto größer wird der heilige Haß unserer selbst in uns; denn nun lehrt uns diese, wie unrecht wir uns bisher geliebt haben, und wie in Zukunft wir uns lieben sollen. Denn nur dann lieben wir uns echt und wahrhaftig, wenn wir uns vor dem hohen Gott erniedrigen und demütigen.“

Jakob Vetter – Von dem Eins sein der Seele mit Gott

Die Vereinigung einer Seele mit Gott ist die tiefste und herrlichste Erfahrung, die ein Mensch machen kann. Für Welt, Sünde, Finsternis und Selbstleben ist er gestorben. Was er lebt, lebt er verborgen mit Christo in Gott. Er kann mit Paulus sagen: „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.“ Er lebt mit Christus verborgen in den ewigen Tiefen seines Gottes. O, wunderbares Geheimnis!

Jakob Vetter – Über das Gebet

Wie gelangt man zu einem rechten Gebetsleben? Ein Gebetsleben ist ein Leben mit Gott, aus Gott, in Gott und für Gott. Das ist nur möglich bei wahrhaft Wiedergeborenen. Ich muß das voraussetzen, damit ich nicht mißverstanden werde. Um Gebetserhörungen zu erleben, braucht man kein Kind Gottes zu sein. Gott erhört auch die unbekehrten Sünder, ja, selbst die Raben, die zu ihm schreien. Ein Gebetsleben aber können nur die führen, die dem Reich der Finsternis entrückt und in das Lichtreich versetzt sind. Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis. Wer mit dem Vater des Lichts Gebetsumgang haben will, muß gewaschen sein von seinen Sünden. — Unser ganzes Leben muß in seiner Gegenwart in Ordnung gebracht sein. Das ist ganz natürlich. Und wie es gilt, den Herrn mit sich reden zu lassen im innern Gericht, in verborgener Geisteszucht, so gilt es auch, ihn reden zu lassen im äußeren Gericht, in dem, was unser Lebensweg Dunkles, Bitteres und Schweres mit sich führt. — Dieses und vieles andere gehört dazu, um ein Gebetsleben leben zu können. Laß es dich nicht verdrießen, wenn du nicht gleich in den ersten Tagen oder Wochen zu einem solchen Gebetsleben durchdringst! Wenn auch dein Gebetsumgang mit Gott hundertmal unterbrochen wurde, laß dich durch keine unangenehmen Erfahrungen entmutigen! Der Schade einer Unterbrechung deines Gebetslebens ist groß; aber noch schlimmer ist es, wenn du nach solcher Unterbrechung nicht sogleich wieder zu deinem Gott zurückkehrst.