Johann Albrecht Bengel – Demut.

Wie ist es so was edles um die Herzens-Demut! und wie ist hingegen die Selbsterhebung so allgemein unter natürlichen Leuten! Wenn auf dem Grasboden die Gräslein einen Verstand hätten: hätte das, so um ein Fingerbreit höher ist, auch Ursache, sich etwas darauf einzubilden? Und das ist der Kram der Menschen. Bei solcher Einbildung, da eins sich größerer dünkt, als das andere, kann man sehen, was es für ein heilloses Ding ist um das menschliche Herz.

Nikolaus von Zinzendorf – Niedrigkeit, Demut

Die innere Schönheit eines Kindes Gottes ist seine Niedrigkeit, Kleinsein, Modestie, nicht Gefallen an sich selber haben, nicht hocherfahren, keine besondere Neigung zur Staubhaftigkeit, welche Kinderfreuden mit sich bringt und also eine demütige Freude und fröhliche Demut. Der allerschönste Charakter aber ist die Sünderscham, die zwischen den Herrlichkeiten und Zierraten, womit der Heiland eine Seele durch den heiligen Geist begabt, immer herausblickt. Wenn ein Herz wirklich so weit ist, dass es sich ohne Affektation nicht entschuldigen könnte, warum es noch nicht mit den Engeln Halleluja anstimmt, und noch nicht vor Freuden halb außer sich wäre, so sucht sichs doch immer noch einen Winkel, um ein paar Sündertränen fallen zu lassen überm Denkmal seines Falles, und zu weinen nach Christus, teils vor wahrer Empfindung seiner Fehler, teils vor Ahnung, es kann was Schlechtes wieder kommen; ich bin nicht zu gut dazu. Das erhält eine gewisse liebliche Wangenröte und ein Herzunahen der heiligen Scham mitten unter allen Gaben, Ge schick und Fortgang der Dinge, dass nichts im Stande ist, uns so aufzublähen, dass wir uns selbst vergäßen, leichtsinnig und auf uns selbst eingebildet würden.

Butzer, Martin – Über sich selbst

„Ich begehre weder Gunst noch Lob von Jemand, will auch nit für gelehrt geachtet sein. Möchten wir Jesum Christum den Gekreuzigten lernen, hätten wir Kunst genug.“

„Leider fehlet mir viel, in dem, dass ich meinen Dienst nit so eifrig und ordentlich verrichte und mein Leben zu demselben nit so gänzlich anschicke und vollbringe, als ich sollte“

„O dass ich doch ein wenig meinem Herrn und Erlöser möchte nachfolgen und des dankbar sein, der ich doch nichts bin, nichts kann, noch vermag! Alle habe ich durch ihn, aus Gnaden des Vaters.“

„Gott weiß, dass ich Eurer fürstlichen Gnad noch irgend einem Herrn in göttlicher Sache nie um eigenes Gewinnes willen gedienet hab; wo ich der Kirche und auch Einzelnen dienen kann, zu Förderung ihres Heils, da bin ich bereit zu tun, was ich schuldig bin, und wozu mir Gott die Kraft verleiht. Das Amt ist mir aufgelegt, weh mir, wenn ich sein nicht warte mit allem Fleiß. Mein Lohn ist der: dass meine Arbeit fruchtbar gewesen sei.“  (An Philipp von Hessen)

Bernhard von Clairvaux – Demut

Der Fromme ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen. Wo fließen die Bäche? In Niederungen und Thälern. So wähle auch du ein Thal zu deinem Wandel, ein Thal zu deiner Pflanzung. Auf den Bergen ist es dürr und hart, auf den Bergen hat die alte Schlange ihre Wohnung genommen. In den Thälern ist es fruchtbar und frisch, da gedeihen die Bäume, da prangen volle Aehren, da erndtet man hundertfältig. In das Thal der Demuth läßt Gott alle seine Gnade fließen, und darum bleibe fest in ihr gewurzelt und gegründet.

Friedrich Arndt – Demut

Die wahre Demut weiß nicht, dass sie demütig ist. Wie das Auge alles sieht, nur sich selbst nicht, so weiß auch die Demut nimmer, dass sie demütig ist; wüsste sie es, so möchte sie hochmütig werden beim Anblick dieser schönen Tugend. Sie weiß nur um das, was ihr fehlt; nicht um das, was sie hat.

Hermann Bezzel – Christus: Der Knecht Gottes

Kraft wird im Geringen vollendet. Das ist die eigentliche Lösung des Lebensgeheimnisses des Herrn Christus. Kraft wird im Geringen vollendet, darum hat er auf eine geringe Zahl von Jahren, von denen eigentlich nur drei uns näher bekannt sind, in einer ungemein geringen Zahl von Worten, von denen uns die wenigsten nur überkommen sind, in einer geringen Zahl von Wundern seine ganze Heilandsgröße eröffnet und erfüllt, weil wir es eben wissen müssen: das Geringe, das Unscheinbare und Beschränkte ist sowohl die Konzentrierung als die Kondensierung seiner göttlichen Kraft. Er hat auf einen Punkt sein ganzes Sein gesammelt; und indem er so das Ganze auf einen Punkt sammelte, hat er das Größte im Kleinsten gegeben.

Jakob Vetter – Von der Demut.

Wer in Gott seine Ruhe finden will, der muß diese Gnade der Demut und Sanftmut empfangen. Wer sich nicht der Demut befleißigt, bleibt in der Unruhe und wird nie in seinem Gott sein Lebenselement finden. Ein Knecht Gottes sagte einmal: „Die Demut ist das Fundament aller Tugend und der sicherste Weg zum ewigen Heil. Niemand schäme sich der Demut; denn dadurch wird er dem König an Ehre ähnlich. Ohne Demut arten alle andern Tugenden in Untugenden aus.“ — Was ist Demut? Im Hebräischen kommt Demut von Leiden, wenn einem der „Hohe Mut“ (Hochmut) gebrochen; im Griechischen von „niedrig gesinnt sein“. Der Demütige hat keine hohen Gedanken mehr, er unterwirft sich seinem Gott.

Jakob Vetter – Wie bekommt man die Demut?

Sie ist vor allem ein Gnadengeschenk Gottes. Wer in Gott eingekehrt ist und erfüllt wird mit dem Heiligen Geist, der bekommt dieses Kleinod als eine Frucht des Geistes. Das geschieht durch wahre Buße. Wo die ist, da bereut man gründlich seine Sünden und erkennt seine Unreinigkeit und verborgene Bosheit, ja das ganze Verderben seines Herzens. Ein Mensch, der solche Selbsterkenntnis hat, der unterwirft sich seinem Gott. Er ist willig, allem zu entsagen, damit er Gott findet. Hier wird der böse Geist des Hochmuts überwunden und die Demut geboren. In der Seele entsteht ein großes Hungern und Dürsten nach dieser Gnade. Die Demut kann von Gott nicht lassen. Man muß also Gott inbrünstig lieben, dann begnadigt er uns mit dieser Gabe. Ein alter Heiliger hat gesagt: „Die Liebe ist die Mutter der Demut, und je mehr diese Liebe Gottes in uns zunimmt, desto größer wird der heilige Haß unserer selbst in uns; denn nun lehrt uns diese, wie unrecht wir uns bisher geliebt haben, und wie in Zukunft wir uns lieben sollen. Denn nur dann lieben wir uns echt und wahrhaftig, wenn wir uns vor dem hohen Gott erniedrigen und demütigen.“