Bengel, Johann Albrecht – Pflicht und Liebe.

Wenn eine Seele mit inniger Liebe, mit herzlicher Aufrichtigkeit, mit beständigem Angedenken, mit brünstigem Verlangen, mit tiefer Anbetung, mit brennender Dankbarkeit für seine unaussprechlichen Wohltaten, mit heiligem Gehorsam nach seinen Geboten und Exempel, dem HErrn aufwartet und begegnet: daran hat Er seine Lust.

Wir können und sollen dem HErrn Jesu auch eine Freude machen, unser Verhalten nicht bloß als eine Pflicht und Schuldigkeit, weil es eben so sein muss, ansehen. Wer dieser Betrachtung täglich nachginge, der würde mit dem HErrn Jesu weit vertrauter werden.

Peter Rosegger – Brief an W. Kienzl

Ich tät schon hin sein, lieber Freund, wenn Christus nicht wäre. Der erlaubt mir alles. Wenn man nur der Liebe sich bestrebt, dann erlaubt er alles. Christus sagt mir: Kümmere dich nicht um Leute und um ihre Sitten, sei du selbst! Wo ich selbst sein darf, dort atme ich auf. Doch muss man sich aus Menschenliebe auch vor dem Selbste anderer unterordnen können, und das habe ich noch zu lernen. Wenn hundert Meinungen laut werden, die mir widersprechen, so habe ich demütig zu schweigen. Kann kann ich ja in meine innere Welt zurückkehren, wo alles nach meinem Wunsche eingerichtet ist, das heißt, wenn diese innere Welt existiert, wenn ich verstanden habe, sie zu erschaffen, zu erhalten. Und das soll unser Ziel sein, diese innere Welt, die Fenster hat zum Hinausschauen, aber keine Fenster zum Hineinschauen. Das Reich Gottes im Herzen.

 

Holl, Karl – Übers Gebet

An zwei Dingen hängt alles: am Gebet und an der Liebe. Das sind die tiefsten Kräfte, die den Menschen umbilden, je treuer er sie übt. Wirkliches Beten will gelernt sein. Und man lernt es nicht vom Bitten, sondern vom Danken aus. Es gibt Augenblicke, in denen Gottes Güte uns besonders nahe tritt. Jeder, der sein Leben überdenkt, weiß das. Da lüftet sich etwas wie ein Schleier. Solche Eindrücke muß man festhalten. Als neueer Mensch kommt man aus jedem Dankgebet heraus. Diese hellen Punkte sind und bleiben die Lichtquellen, von denen aus sich das Dunkel hebt. – Die Augenblicke des Stehenbleibens vor Gott sind die, wo man Kraft schöpft, wo man Atem holt aus der jenseitigen Welt. Sich an Gott halten heißt atmen in Gott, in jedem Augenblick wissen, daß man zu ihm gehört und unter ihm steht.

Dwight Lyman Moody – Liebe

Wenn wir nur die Welt fühlen lassen, daß wir sie liebhaben, so wird es bald weniger leere Kirchen geben. Laßt uns in unserem Kirchenleben durch die Liebe die Stelle der Pflicht ersetzen, so wird die Welt bald evangelisiert sein. Sollen die Menschen richtig angeredet werden, so müssen sie mehr geliebt werden.

Katharina Zell – Liebe zu den Geschwistern

Ich habe mich mit meines Mannes Willen und Wohlgefallen vieler Leute angenommen, für sie geredet und geschrieben, es seien die, so unserem lieben Doktor Martin Luther angehangen oder Zwinglin oder Schwenkfelden oder die armen Taufbrüder, reich und arm, weise und unweise, alle haben zu uns kommen dürfen. Was sind uns ihre Namen angegangen? Wir sind auch nit gezwungen gewesen, eines jeden Meinung oder Glaubens zu sein, sind aber schuldig gewesen, einem jeden Lieb, Dienst und Barmherzigkeit zu beweisen. So hat uns unser aller Meister Christus gelehrt.

Brooke Foss Westcott – Abschiedsworte (aus seiner letzten Predigt)

Da ich wahrscheinlich heute zum letzten Mal zu euch sprechen kann, möchte ich euch noch einmal die Summe der Erfahrungen aus einem langen, arbeitsreichen Leben zusammenfassen: die stärkste Kraft, die uns auf dem rechten Wege hält, ist die Liebe Christi, das Geheimnis eines edlen Lebens ist das freudige Sichbeugen unter seinen Willen. Nehmt, Freunde, diesen meinen letzten Rat nach Hause, ins Bergwerk, in euern Klub: Versucht, nach den göttlichen Maßstäben eure Arbeit mit ganzer Kraft zu leisten und euch in eurer Freizeit eure Reinheit zu bewahren.

Kierkegaard, Sören Aabye – Über Liebe

Was ist denn ein Mensch ohne Liebe? Doch gibt es vielerlei Arten von Liebe; ich liebe einen Vater anders als eine Mutter, meine Ehefrau wiederum anders, und jede verschiedene Liebe hat ihren verschiedenen Ausdruck; es gibt aber auch eine Liebe, mit der ich Gott liebe, und diese hat in der Sprache nur einen Ausdruck, nämlich: Reue. Wenn ich ihn nicht so liebe, so liebe ich ihn nicht absolut, nicht aus meinem innersten Wesen, jede andere Liebe zum Absoluten ist ein Mißverständnis, denn, um etwa das zu nehmen, was man sonst so laut anpreist und was ich selber ehre, wenn der Gedanke mit aller seiner Liebe am Absoluten festhängt, so ist es nicht das Absolute, was ich liebe, ich liebe nicht absolut, denn ich liebe notwendig; sobald ich frei liebe und Gott liebe, bereue ich. Und sollte es keinen anderen Grund dafür geben, daß der Ausdruck für meine Liebe zu Gott Reue ist, so gibt es doch den, daß er mich zuerst geliebt hat. Und doch ist dies eine unvollkommene Bezeichnung, denn nur wenn ich mich selbst als schuldig wähle, wähle ich absolut mich selbst, falls ich überhaupt mich selbst auf eine Weise absolut wählen soll, daß dieses Wählen nicht identisch ist mit einem sich selbst Erschaffen; und wäre es auch des Vaters Schuld, die sich auf den Sohn fortgeerbt hätte, er bereut sie mit, denn so nur kann er sich selbst wählen, sich absolut wählen; und wenn die Tränen ihm beinahe alles auslöschten, er fährt fort zu bereuen, denn so nur wählt er sich selbst. Sein Selbst ist gleichsam außer ihm, und es muß erworben werden, und die Reue ist seine Liebe dazu, weil er es absolut wählt, aus des ewigen Gottes Hand.