Anselm von Canterbury – Gericht

Unfruchtbare Seele, was machst du, was bist du so träg, sündige Seele? Der Tag des Gerichtes kommt nahe herbei, der große Tag des Herrn, der Tag des Zorns, der Tag der Trübsal und Angst, der Tag der Noth und des Jammers, der Tag der Finsterniß und des Dunkels, der Tag des Nebels und des Sturmes, der Tag der Posaune und des Feldgeschrei’s. Was schläfst du nun, o Seele, warum bist du so lau und werth, ausgespieen zu werden? Was schläfst du? Wer nicht aufwacht, wer nicht aufschrickt bei so gewaltigen Donnerschlägen, der schläft nicht, der ist gestorben. Du unfruchtbarer Baum, wo sind deine Früchte? O Baum des Beiles und Feuers werth, was sind deine Früchte? Nichts als stechende Dornen und bittere Sünden. Ach daß sie dich doch heilsam stechen und zur Reue dir bitter werden möchten!

Anselm von Canterbury – Eigenwille

Der Eigenwille gleicht einem giftigen und tödtlichen Kraute, dessen Genuß der erfahrenste Arzt schon den ersten Menschen im Paradies verbot. Doch wollten sie seiner Vorschrift nicht gehorchen. Und da sie gegessen, wurden sie aussätzig und zeugten aussätzige Kinder. Obwohl diese nun wissen, daß ihre Eltern durch jenes Kraut krank wurden und starben, so lieben sie es doch vor allen und würzen alle ihre Speisen damit.

Afrahat – Aus den Homilen

1. Homile

Dies ist Glauben: Daß der Mensch glaubt an Gott, den Allherrn, der die Himmel und die Erde und die Meere und alles, was in ihnen ist, gemacht hat, der Adam erschaffen hat in seinem Bild. Er gab das Gesetz dem Mose. Er sandte seinen Geist in die Propheten. Mehr noch, er sandte seinen Messias in die Welt. Und daß der Mensch glaubt an das Lebendigwerden aus den Toten. Und auch glaubt an das Geheimnis der Taufe. Dies ist der Glaube der Kirche Gottes. Und daß der Mensch sich enthalten soll von der Beobachtung von Stunden und Sabbaten und Monaten und Jahreszeiten und Zauberei und Wahrsagen und von Sterndeuterei und von Magie und von Hurerei und von Gelagen und von falschen Lehren, den Waffen des Bösen, und von der Verführung süßer Worte und von Gotteslästerung und von Ehebruch. Und daß niemand falsches Zeugnis gibt und daß keiner doppelzüngig redet. Dies sind die Werke des Glaubens, der sich auf den wahren Felsen gründet, welcher der Messias ist, auf dem der ganze Bau sich erhebt. …

Über den Himmeln, was ist da – wer ist imstande, es zu berichten? Unter der Erde, was liegt dort? Keiner vermag es zu sagen! Das Firmament – wie ist es ausgestreckt, oder die Himmel – woran sind sie aufgehängt? Die Erde – worauf ist sie gegründet, oder die Tiefe – worin ist sie befestigt? Wir stammen von Adam ab, und mit unseren Sinnen erfassen wir wenig. Nur dies wissen wir: daß Gott einer ist und sein Messias einer und einer der Geist und ein Glaube und eine Taufe. Über mehr als dies nutzt es nicht zu reden; und wenn wir mehr sagen, ist’s doch zu wenig, und wenn wir’s zu ergründen suchen, sind wir hilflos.

Martin Luther – Unglaube

Der verzweifelte Unglaube steckt so tief in uns, daß wir immer in Sorge sind, wir müssen verhungern. Das kommt nur daher, daß wir gewiß wissen wollen, wie uns Gott ernähren will. Wir wollen das Haus voll Korn und die Kasten voll Geld haben und so Gott an Haus und Kasten anbinden, Er aber will frei und ungebunden sein, weder an Zeit, Person, Stätte, noch dieses oder jenes. Man lasse ihn dafür sorgen, wie er uns ernähren will. Er wird wohl Korn und Geld geben und Zeit und Maß wohl treffen; du denke nur: ich will heute arbeiten, werde schon dabei sehen, woher er’s gibt; morgen wieder ebenso. Dann wirst du bald inn werden, daß er dich ohne deine Sorge ernährt.

Augustinus – Freundschaft

Wie freue ich mich jetzt über dich; mit welchen Worten soll ich es ausdrücken, daß ich den, den ich lange gewissermaßen zum Freunde hatte, jetzt zum wahren Freund habe! Denn es ist nun auch die Übereinstimmung in göttlichen Dingen dazugekommen; du hast jetzt angefangen, auch in der Hoffnung des Ewigen mit mir eins zu sein. Fehlt unter Freunden die Übereinstimmung im Göttlichen, so kann sie auch im Weltlichen nicht voll und wahr sein. Jetzt ist unsere Freundschaft wahr und ewig, denn wir sind nicht nur unter uns, sondern auch im Herrn vereint.

Martin Luther – Taufe

Meine Taufe bleibt, gleichwie die Sonne allzeit bleibt. Falle ich in den Dreck, daß die Augen nicht sehen können, so bleibt doch die Sonne, und wenn ich die Augen gewaschen habe, sehe ich sie wieder. Wenn ich in einen Keller gehe, bleibt dennoch die Sonne; ich bin nur davon gegangen; gehe ich wieder heraus, so finde ich sie wieder.

Martin Luther – Ein so groß, herrlich Ding.

Die Taufe ist ein so groß, herrlich Ding, das nimmer genugsam auszusprechen noch zu begreifen ist, ja herrlicher denn der ganze Himmel und Erde. Denn daß die göttliche Majestät da gegenwärtig ist und daran ihr höchstes Werk tut, geschieht alles daher, daß Gott seinen Namen dahin setzt. Darum soll ich nicht die liebe Taufe verachten und lästern lassen, sondern sie hochheben und ehren, als ich Gottes Namen und Majestät schuldig bin zu ehren.

Ein jeglicher Christ hat sein Leben lang genug zu lernen und zu üben an der Taufe; denn er hat immerdar zu schaffen, daß er fertiglich glaube, was sie zusagt und bringt. Es ist so überschwenglich, daß, wenn’s die blöde Natur bedenkt, sollt sie zweifeln, ob es könnte wahr sein. Denn rechne du: wenn irgendein Arzt wäre, der die Kunst könnte, daß die Leute nicht stürben oder, ob sie gleich stürben, danach ewig lebten, wie würde die Welt mit Geld zuschneien und regnen, daß vor den Reichen niemand könnte zukommen! Nun wird hier in der Tauf jedermann umsonst vor die Tür gebracht ein solcher Schatz und Arznei, die den Tod verschlingt und alle Menschen beim Leben erhält.

Deute die Worte Christi, wie du willst, so haben wir, daß die Kinder sind zu Christo zu bringen und man ihnen nicht wehren soll. Und wenn sie zu ihm gebracht sind, so zwingt er uns zu glauben, daß er sie segne und ihnen das Himmelreich gebe. Nicht weniger will uns gebühren zu glauben, wenn sie zu ihm gebracht sind, daß er sie herze, seine Hand auf sie lege, sie segne und den Himmel gebe. Wer will dawider so kühn sein und die Kindlein nicht zur Taufe kommen lassen?

Nikolaus von Amsdorff – Von den guten Werken

„Derhalben sage ich, Nicolaus von Amsdorff, wer diese Worte, wie sie dastehen (gute Werke sind nothwendig zur Seligkeit), lehret und prediget, dass derselbe ein Pelagianer, Mameluk und verlungerter Christ und zwiefältiger Papist ist.“ „Wir verdammen die Präposition: Gute Werke sind von Nöthen zur Seligkeit; denn die Worte, wie sie da stehen und lauten, können nicht anders verstanden werden, denn dass die Werke die Seligkeit verdienen; darum können und sollen wir sie in unseren Kirchen nicht dulden noch leiden.“ Nur als Bedingung, nicht als nothwendige Beweisungen und Früchte der Seligkeit verwarf Amsdorff die guten Werke: „Dieweil die Werke“ – sagt er – „so die zehn Gebote Gottes fordern, der Seligkeit effectus und Früchte sind, so können sie nicht sein causa sine qua non salutis seu justitiae“ „Dieweil gute Werke hier auf Erden zu diesem Leben von Nöthen sind, unsere Seligkeit (so wir bereits ohne Werke aus Gnaden haben) vor Gott und den Menschen damit zu bezeugen, so können sie nicht von Nöthen sein zur Seligkeit, wie Georg Major lüget. Denn wer aus Gnaden durch den Glauben selig worden ist, der thut danach aus Art und Natur der Wiedergeburt gute Werke hie in diesem und zukünftigem Leben. Darum können die guten Werke zur Seligkeit nicht von Nöthen sein, wie Georg Major schwärmt und heuchelt.“ „Dieweil auch einer wie der Andere selig wird, der Alte wie der Junge, der sich zeitig bekehrt, wie Der, so sich in der letzten Stunde bekehrt, nämlich allein aus Gnade, durch den Glauben, ohne alle Werke, so können gute Werke zur Seligkeit nicht von Nöthen sein.“ „Sonst wissen wir wohl, dass ein Christ, der durch den Glauben selig ist, gute Werke in diesem Leben thun soll und muss, wie die ganze Schrift saget, zeuget und gebeut; dass sie aber zur Seligkeit sollten von Nöthen sein, Das sagt sie an keinem Orte; aber oft und viel sagt sie:; Wer glaubt, Der wird selig.“

(Aus der Schrift: Unterschreibung des Herrn Niclas Amsdorff’s der Sächsischen Kirchencensuren wider Doctor Georg Major. Maghde. 1553. 4.)