Ludwig Richter – Christus, die Quelle

Jetzt erkenne ich mehr und mehr, wie Christus allein die lebendige Quelle ist, an welche ich mich zu halten habe, wie das, was wir Christentum nennen, ein mit Christo verborgenes Leben ist, ein Quellwasser, klar und rein, ohne Geschmack und Farbe, aber erfrischend und stärkend zum ewigen Leben. Kirchen und Konfessionen mit ihren Dogmen und Kulten tragen den Schatz in irdenen Gefäßen, und das reine Quellwasser, welches er spendet, nimmt den Beigeschmack des Gefäßes an, bald so, bald so. Das ist das Menschliche daran. Er ist nicht zu verachten, denn es ist oft ein Segen darin; aber wer endlich rein aus der Quelle schöpft, wird nicht irren und wird großen Frieden haben.

Friedrich Schleiermacher – Aus einem Brief an seine Frau, 1832

Du kommst ganz in die Sprache hinein, immer vom Heiland zu reden und Gott ganz in den Hintergrund zu stellen. Wenn schon der Heiland es ist, der aus der Natur zu uns spricht, so muß dann ein unmittelbares Verhältnis mit Gott gar nicht mehr stattfinden, und doch rühmt er sich selbst am meisten dessen, daß wir durch ihn zum Vater kommen, und der Vater Wohnung bei uns macht. Halte doch daran fest, mit Christo und durch ihn dich recht Gottes, seines und unseres Vaters, frisch und fröhlich zu freun. Das ist sein liebster Lohn für seine Treue.

Claudius, Matthias – Der Heiland

Wer nicht an Christum glauben will, der muß sehen, wie er ohne ihn raten kann. Ich und du können das nicht. Wir brauchen jemand, der uns hebe und halte, weil wir leben, und uns die Hand unter den Kopf lege, wenn wir sterben sollen. Und das kann Er überschwenglich tun, nach dem, was von ihm geschrieben steht; und wir wissen keinen, von dem wir’s lieber hätten.

 

Christoph Blumhardt – Jesus bleibt treu!

Er ist unser Christus geblieben bis auf den heutigen Tag. Auf uns aber fällt die Last, daß wir nicht die Treuen sind und die unaussprechliche Barmherzigkeit unseres Gottes nicht erkennen und nicht treu im Herzen bewahren. Ist man im Himmel warm und allezeit in voller Tätigkeit zu uns her, so ist man auf Erden vielfach kalt. Gott aber ist treu; und auch die Gerichte, die er über uns sendet, sind nur ein Zeichen seiner Treue; er will uns nicht gehen lassen, wir sollen nicht versinken. Jesus Christus bleibt treu bis ans Ende. Die Erde ist kalt und tot, der Himmel ist warm und lebendig; und es wird doch noch zu einem Sieg der Lebenswärme auf Erden kommen.

Alkuin – Gebet zu Jesus

Herr Jesu Christe, eingeborner Sohn Gottes, gleiches Wesens mit dem Vater und heiligen Geiste, durch den allein Vergebung der Sünden, durch den allein Leben und Seligkeit kommt: Du hast einst den reuigen Zöllner gerechtfertigt, die Bitte des demüthigen Kananäischen Weibes erhört, mitleidig auf Petrus hingeblickt, da er Dich verleugnet, und als er bitterlich weinte, ihn wiederum angenommen, Du hast den Schacher am Kreuz, als er um Gnade flehte, mit Paradiesesherrlichkeit beschenkt. O so laß auch mir, dem elendesten und unglücklichsten Sünder, der mit Furcht und Zittern seine Missethat bekennt, Vergebung werden, aus daß ich das heilige Sacrament Deines Leibes und Blutes nicht zum Gericht der Verdammniß, sondern als Speise zur ewigen Seligkeit genieße. Dazu hilf Du mir, der Du mit dem Vater und heiligen Geiste regierest in Ewigkeit. Amen!

Hermann Bezzel – Christus: Der Knecht Gottes

Kraft wird im Geringen vollendet. Das ist die eigentliche Lösung des Lebensgeheimnisses des Herrn Christus. Kraft wird im Geringen vollendet, darum hat er auf eine geringe Zahl von Jahren, von denen eigentlich nur drei uns näher bekannt sind, in einer ungemein geringen Zahl von Worten, von denen uns die wenigsten nur überkommen sind, in einer geringen Zahl von Wundern seine ganze Heilandsgröße eröffnet und erfüllt, weil wir es eben wissen müssen: das Geringe, das Unscheinbare und Beschränkte ist sowohl die Konzentrierung als die Kondensierung seiner göttlichen Kraft. Er hat auf einen Punkt sein ganzes Sein gesammelt; und indem er so das Ganze auf einen Punkt sammelte, hat er das Größte im Kleinsten gegeben.

Hermann Bezzel – Christus: Der Friede

„Er ist unser Friede!“ — Ob nun die Pflanze schon alle Wurzeln in die Tiefe dieses seligen Friedens eingeschlagen hat, oder ob sie nur mit schwankendem Reis in diesen Frieden sich hineingewagt hat, wenn sie nur in ihm ist, so ist sie so geborgen, daß der Sturm nicht imstande ist, die Wurzel zu lösen, sondern sie nur um so tiefer in den Felsen treibt.

Wer die Herrlichkeit Jesu sieht, der gewahrt, daß alle Rätsel in ihm Frieden bedeuten und alles Weh sich durch ihn in Gnade wandelt und alle Schrecken aus ihm sich in Sieg verkehren. Je mehr ein Mensch sich ganz Jesus zu eigen gibt, desto mehr werden die Rätsel in seiner Lebensführung, in der Lebensführung der Seinen, der Welt ihm gelöst.

Hermann Bezzel – Christus: Der Weg

„Ich bin der Weg!“ — Es geht nie anders in die Bleibe-Stätte als durch den völligen Zusammenschluß deines Willens mit dem Willen Jesu, und du kommst nie zum Frieden, bis du ganz mit ihm eins geworden bist.

Es ist kein Ort des Schreckens und des Grauens, kein Tal der Tränen und des Leides, die ER nicht durchmessen und durchkostet hätte.

Es ist etwas Großes, in einer Welt der Ungewißheit seines Weges- und Zieles gewiß zu bleiben. Jeder Weg ist mir recht, auf dem ich Jesus weiß; jede Arbeit ist mir teuer, die ich für Jesus tue, jede Heimsuchung mir wert, wenn und weil sie von Jesus kommt.

Hermann Bezzel – Christus: Das Licht

„Ich bin das Licht der Welt!“ — Alle andern Lichter werfen einen unsicheren Schein in uns hinein, hinter dem sich noch eine Menge von Unrechtem verbergen kann.

Treue Seelsorge geht auch nur bis zu einem gewissen Punkt deines Innenlebens, soweit du dich ihr eben zu erkennen gibst oder sie dich nach ihren Erfahrungen erforschen kann. Aber Jesu Seelsorge, weil er das Licht ist, zeigt sich am meisten in der Dunkelheit deines Wesens, in den verborgenen Falten deines Charakters, gibt dir im Innersten ein ganz anderes Bild. Das ist die echte Beichte, daß man Jesum, das Licht der Welt, hinein in sein Innerstes fallen läßt. Wir haben nicht mehr viel Zeit, wir sterben sonst an der Unkenntnis unserer selbst.