Johann Albrecht Bengel – Inneres Stillschweigen.

Ein großes Hindernis für die geistliche Wirkung und Mitteilung ist das unmäßige Tun des Menschen, von außen und von innen. Mit unserer eigenen Geschäftigkeit, wo man auch mit guten Dingen umgeht, mit dem Getöse der natürlichen Gedanken, Ausschweifungen, Affekte, Reden, halten wir manchmal dasjenige auf, was viel besser wäre.

Wir müssen nicht nur reden zu unserem Gott, sondern Ihm auch Raum lassen, wenn er uns etwas hören lassen, und uns antworten will. Da muss man nicht auf Wunderzeichen warten, oder meinen, es werde etwas erfolgen, das in die äußerlichen natürlichen Sinne fällt, sondern wenn eine Seele die Gnade Gottes sucht und sich mit seinem Lobe und mit Ihm selbst beschäftigt, so lässt Er sie seine Liebe durch einen tätigen Eindruck derselben vermerken; und diese ist dann eine wirkliche Antwort, welche bei einem gebührenden Stillschweigen am besten wahrgenommen wird.

Kierkegaard, Sören Aabye – Schweigen tut not

Betrachtet man — wozu man vom christlichen Standpunkt aus gewiß berechtigt ist — den jetzigen Zustand der Welt und das ganze Leben, so müßte man sagen: es ist eine Krankheit.

Wenn ich Arzt wäre und mich einer fragte: „Was meinst du, muß getan werden?“, so würde ich antworten: „Das erste, was getan werden muß, und die unbedingte Voraussetzung dazu, daß überhaupt etwas getan werden kann, ist: schaffe Schweigen! gebiete Schweigen! Gottes Wort kann ja nicht gehört werden, und wenn es mit Hilfe lärmender Mittel geräuschvoll hinausgerufen wird, damit man es auch im Getöse hören kann, so bleibt es nicht Gottes Wort. Schaffe Schweigen!! Ach, alles lärmt, und wie heißes Getränk das Blut bekanntlich in Wallung bringt, so ist in unserer Zeit jedes einzelne, selbst das unbedeutendste Unternehmen und jede einzelne, selbst die nichtssagendste Mitteilung bloß darauf berechnet, die Sinne zu reizen oder die Masse, die Menge, das Publikum und den Lärm zu erregen! Der Mensch, dieser gewitzigte Kopf, sinnt fast Tag und Nacht darüber nach, wie er zur Verstärkung des Lärms immer neue Mittel erfinden und mit größtmöglicher Hast das Geräusch und das leere Gerede möglichst überallhin verbreiten kann. Ja, was man auf solche Weise erreicht, ist wohl bald das Umgekehrte: die Mitteilung ist an Bedeutungsfülle wohl bald auf den niedrigsten Stand gebracht, und gleichzeitig haben umgekehrt die Mittel der Mitteilung in Richtung auf eilige und alles überflutende Ausbreitung wohl das Höchstmaß erreicht; denn was wird wohl hastiger in Umlauf gebracht als das Geschwätz?! Und anderseits:

Was findet willigere Aufnahme als das Geschwätz?! O, schaffet Schweigen!

Ambrosius – Schweigen zur rechten Zeit

Die erste Pflicht ist demnach das Maßhalten im Reden. Das heißt, Gott ein Lobopfer darbringen; das heißt, Ehrfurcht wahren bei der Schriftlesung; das heißt, den Eltern Ehrerbietung erweisen. Ich weiß, das man häufig nur redet, weil man nicht zu schweigen versteht. Selten schweigt einer, wenn für ihn das Reden nicht am Platz ist. Der Weise überlegt erst viel, wenn er reden soll: was er sprechen soll, zu wem er sprechen soll, an welchem Ort, zu welcher Zeit. So gibt es denn ein Maßhalten, sowohl im Schweigen, wie im Reden, aber auch ein Maßhalten im Handeln. Schön ist es, hierin das Pflichtmaß einzuhalten.

De officiis 1,35