Samuel Keller – Gesegnetes Richten

Du sagst: „Ich bin in einem Gottesgericht drin!“ Ob das ganz wahr ist? Manchmal scheint uns etwas so, was einfach die natürliche Kehrseite unserer Stellung zum Herrn sein muß. War des Satans Engel, der Paulus körperlich peinigte wie mit Faustschlägen, ein Gottesgericht oder machte er bloß Platz für die Offenbarungen von Gottes Kraft mitten in der Schwachheit des Paulus? Aber wollen wir annehmen, du seist wirklich in einer Gerichtszeit drin, die von oben über dich verhängt ist. Was schadet das? Wenn Gott dich verwerfen wollte, würde er dich nicht richten, sondern einfach in Weltseligkeit verderben lassen. Daß er dich richtet, ist ein Zeichen, daß er dich reinigt und zu wichtigerem Dienste zurüstet. Du sollst freier von dir selbst werden, damit deine Früchte den Nebengeschmack deiner Eigenart verlieren! So hebt und hilft ein Gottesgericht seinen Kindern voran. Gesegnet sei das Gericht, das diesem Zweck dient und ihn erreicht!

Anselm von Canterbury – Gericht

Wer vermag es, die Schrecken des Weltgerichts zu beschreiben, wo die Schaafe zur Rechten, die Böcke zur Linken stehen sollen! Welches Zittern wird herrschen, wann die Kräfte des Himmels sich bewegen werden? Welche Verwirrung wird entstehen, welche Seufzer, welches Heulen und Jammern wird man hören, wenn jenes furchtbare Wort erschallt: Gehet hin von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer! Wahrlich ein Tag des Zornes wird jener Tag sein, ein Tag der Trübsal und Angst, ein nebliger und stürmischer Tag, ein Tag der Posaune und des Feldgeschrei’s. Da wird die Stolzen das ewige Feuer ergreifen, das niemals verlischt, der Wurm wird an ihnen nagen, der nimmer stirbt und der Rauch ihrer Qual wird aufsteigen von Ewigkeit zu Ewigkeit. Alle Seligen hingegen werden sich freuen und frohlocken, die hier betrübten und zerschlagenen Herzens waren, wann sie zur Rechten gestellt jenes köstliche Wort vernehmen: Kommet her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbet das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt. Jubelstimmen werden dann in den Zelten der Gerechten ertönen und himmlische Kronen die Häupter der Treuen schmücken.

Anselm von Canterbury – Gericht

Unfruchtbare Seele, was machst du, was bist du so träg, sündige Seele? Der Tag des Gerichtes kommt nahe herbei, der große Tag des Herrn, der Tag des Zorns, der Tag der Trübsal und Angst, der Tag der Noth und des Jammers, der Tag der Finsterniß und des Dunkels, der Tag des Nebels und des Sturmes, der Tag der Posaune und des Feldgeschrei’s. Was schläfst du nun, o Seele, warum bist du so lau und werth, ausgespieen zu werden? Was schläfst du? Wer nicht aufwacht, wer nicht aufschrickt bei so gewaltigen Donnerschlägen, der schläft nicht, der ist gestorben. Du unfruchtbarer Baum, wo sind deine Früchte? O Baum des Beiles und Feuers werth, was sind deine Früchte? Nichts als stechende Dornen und bittere Sünden. Ach daß sie dich doch heilsam stechen und zur Reue dir bitter werden möchten!

Alkuin – Gericht

Wehe mir, wenn jener Tag des Gerichtes herbeikommt und die Bücher aufgeschlagen werden, in denen alle meine Thaten und Gedanken zu lesen sind! Dann werde ich vor Gewissensqualen mein Haupt niederschlagen und mit Angst und Bangigkeit vor dem Richterstuhle Gottes stehen. Und wenn dann das Wort erschallen wird: Siehe, dieser Mensch und seine Werke! dann werden alle Sünden und Missethaten sich vor mir erheben. Denn durch göttliche Macht wird es geschehen, daß Jedem seine Werke in wunderbarer Eil vor die Seele geführt und auch Allen alle Heimlichkeiten Aller offenbar werden. Was wir uns hier zu bekennen schämen, werden dort Alle sehen; was wir heuchelnd hier bedecken, wird als Racheflamme wider uns hervorsprühen.

Johannes a Lasco – Gericht

Mochten die Vorfahren immerhin ihre Unkunde zur Entschuldigung haben: du nicht; so hüte dich, daß du nicht vor dem Richterstuhl Christi überführt werdest, du habest die Finsterniß lieber gehabt als das Licht, denn das hat der göttliche Mund Christi als den einzigen Grund unserer Verdammniß hingestellt;