Friedrich von Bodelschwingh – Die dienende Kirche

In der Schule des Meisters darf die Kirche immer wieder beides lernen: richtig sehen und gründlich helfen. Das sehende Auge und die helfende Hand werden regiert von einem Herzen, das alles trägt und alles glaubt und alles hofft. Denn in ihm brennt das Feuer heiliger Liebe. Das sind die Kräfte der Inneren Mission. Nichts anderes will sie sein als das sehende Auge und die helfende Hand der Gemeinde Christi.
So steht sie mit ihrem Werk mitten in der Welt. So wird sie eine bescheidene Wegbereiterin für das Gottesreich, auf das wir hoffen. Die dienende Kirche möchte gerne eine Kirche der stillen Leute sein. Die dienende Kirche möchte eine Kirche der kleinen Leute sein. Die dienende Kirche möchte gern eine Kirche der wahrhaften Leute sein. So möchte die dienende Kirche eine Kirche der tapferen Leute sein.

Friedrich von Bodelschwingh – Starker Trost im Leiden

Das Evangelium von der Witwe, die ihren einzigen Sohn zu Grabe trug, und von dem Heiland, der zu ihr sprach: „Weine nicht!“, und ihr den Toten wiedergab, erinnert uns an die dunklen Heimsuchungen Gottes und die Hiobswege seiner Kinder, noch viel mehr aber an die wunderbaren Liebesabsichten des Herrn und an die über alle Maßen wichtige Herrlichkeit (2.Kor. 4,17). Das Wort des Eliphas (Hiob 5,17): „Siehe, selig ist der Mensch, den Gott straft!“ ist ein goldener Lichtstrahl, aus der Wahrheit geboren, und eine kräftige Arznei für unsere angefochtene Seele. „Denn das eben ist die schwerste und höchste Anfechtung im Leiden,“ sagt Luther, „damit Gott zu Zeiten seine hohen Heiligen angreift, da des Menschen Herz nicht anders fühlt, als habe ihn Gott mit seiner Gnade verlassen und wolle sein nicht mehr, und er sich hinkehrt, sieht er nichts als Zorn und Schrecken.“ Für solche Zeiten braucht unser Herz Licht, das die Finsternis durchbricht und vertreibt.

O, daß wir alle lernten, von Menschen wegsehen und allein auf Gottes Hand und Herz blicken! Es ist dieselbe Hand, die verletzt und verbindet. Es ist dasselbe Herz, das sich erst so hart zu uns stellt und dann heilt, ja „heilet im Herzen die tödlichen Schmerzen, machet uns zeitlich und ewig gesund.“. Solche Erfahrung gibt Hoffnung für alle die Trübsalszeiten, so viel ihrer kommen werden, ja, einen getrosten, unverzagten Sinn, eine stille Zufriedenheit, und die selige Freude auf den Erntetag.

Friedrich von Bodelschwingh – Ein Wort für Leidende

Es kann keine Arznei bei einer Krankheit dauernd so wirksam sein, als die friedevolle Stimmung der Seele, die Vergebung glaubt und die Ruhe und Kraft gefunden hat gegen die Stimme der Leidenschaften, die den Glaubenslosen wie ein steuerloses Schiffchen auf dem Meere hin und hertreiben. Die durch den Geist Gottes beruhigte und befestigte Seele kann dem Andringen des Übels einen Widerstand entgegensetzen. Und wenn die Krankheit auch wirklich nicht weicht, sondern nach Gottes Willen bis ans Ende getragen werden muß, so darf sie dem Betroffenen keinerlei Schaden zufügen, sondern ihm nur zur Förderung dienen auf dem Wege zum ewigen Heil, wie die Sturmwinde, die das Schifflein nur schneller zum Hafen treiben. Innigere Gemeinschaft mit Jesus, kindlicher Glaube, reine Liebe zu ihm und zu den Leidensbrüdern, Freude an der Gemeinschaft seiner Leiden, Geduld in der Trübsal, selige Hoffnung des ewigen Lebens, Sterbenskraft und Sterbenslust: das sind schon hienieden selige Früchte solches von Gott aufgelegten Kreuzes, köstlicher als alle Freuden dieser Welt und ihre Schätze.

Friedrich von Bodelschwingh – Das neue Lied

Um uns her erwacht in tausend und aber tausend Formen und Farben die Frühlingsherrlichkeit der Erde. Dem empfänglichen Gemüt wird sie zur neuen Offenbarung Gottes. Von seiner Freiheit redet sie, die ohne Schranken wirken und gestalten kann, von seiner Herrschermacht redet sie, die aus dem Tode neues Leben schafft, von der ewigen Festigkeit seiner Liebesgedanken redet sie. So stimmt sie die Herzen auf den rechten Ton: Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder!

Aber dieses Singen von den Wundern Gottes hat für gläubige Christen noch einen anderen, tieferen Grund. Weil wir von Ostern herkommen und an den auferstandenen Heiland glauben dürfen, darum stehen wir täglich in der Frühlingszeit im Reich der Gnade. Doch wie wir immer aufs neue Augen und Herzen der Schönheit erschließen müssen, die sich draußen um uns her entfaltet, so müssen wir immer aufs neue zu erfassen suchen, was Christi Leben uns bedeutet. Wir verlieren so leicht unseren schönsten Schatz. Wir vergessen so schnell, was das Beste in der Welt ist. Darum ruft uns die Schrift mit eindringlichem Ernste zu: „Halt im Gedächtnis Jesus Christus, der auferstanden ist von den Toten!“

Es gibt Klöster, deren Bewohner ewiges Schweigen gelobt haben. Wenn sie sich begegnen, dürfen sie sich nur mit Grabesstimme die beiden Worte zurufen: „memento mori“, d.h. „Gedenke daran, daß du sterben mußt!“ Wir, die in der österlichen Frühlingszeit leben, dürfen ein besseres Wort einander und uns selber immer wieder zurufen: Gedenke daran, da´du einen auferstandenen Heiland hast! Christi Auferstehung soll täglich unsere Freude sein. Darum: Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder!