Frederic Bettex – Lebenskunst

Es gibt nur eine Lebenskunst, sterben zu können; dazu muß man das eigene Leben überwunden haben. Weiß ich gewiß, daß ich nichts bin und nichts habe, nichts weiß und nichts kann, so wandle ich froh im herrlichen Gefühl meiner Nichtigkeit und meines Gottes Allmacht. Denn die Wurzel aller Sorgen ist das „Ich“. Tue es aus der Sorge hinaus, so bist du ihrer auch ledig und kannst sprechen: Weil ich nichts bin, kann ich nicht untergehen; weil ich nichts habe, kann ich nichts verlieren; weil ich nichts weiß, kann ich nicht irren; weil ich nichts kann, sorge ich nicht um mein Tun. – Wer versteht’s?

Frederic Bettex – Glauben

Gleichviel, ob einer den Stoff oder die Naturkräfte oder die Intelligenz, die Wissenschaft oder „la gloire“, oder den Beruf, die Pflicht oder die Freiheit, die Humanität oder den Geldsack oder die Genußsucht ehrt, etwas muß jeder Mensch haben, was er höher achtet als sich selbst, vor dem er im ernsten Gottes- oder Götzendienst sich, seine Zeit, seine Kräfte, seine Gesundheit, sein Leben, ja seine Seele zum Opfer bringt, soll sein Leben nicht wertlos und nichtig ihm erscheinen.

Frederic Bettex – Fürsorge

Wo der göttliche Geist den Menschen durchglüht, erstirbt die Sorge um das tägliche Brot, das Bangen um die irdische Existenz derart, daß ihre bloße Erwähnung einem schrillen Mißton gleich klingt. Können wir uns einen Moses vorstellen, wie er durch zuverlässige Freunde sich nach guten ägyptischen Staatspapieren erkundigt, um sein Erspartes für seine Kinder gut anzulegen? Oder einen Elias, wie er alljährlich etwas aufsteckt für den Fall, daß er alt und erwerbsunfähig wird, ehe der feurige Wagen kommt? Oder einen Petrus, wie er pünktlich in die Lebensversicherung einzahlt, damit seine Frau etwas zu leben habe, wenn er den Märtyrertod erdulden soll? Warum nicht? Waren sie doch Menschen wir wir, mit Frau und Kindern, mußten auch leben mit ihrer Familie, mußten essen, trinken, Kleider, Obdach, Reisegeld und noch vieles andere haben. „Elias,“ sagt die Schrift, „war ein Mensch wie wir.“