Hugo von St. Victor: Schöpfung

Welch eine herrliche Zierde der Natur, das vielfache Farbenspiel! Was ist schöner als das Licht, das, obschon selbst ohne Farbe, doch allen Dingen gleichsam die Farbe giebt? Was macht das Leben angenehmer, als der heitere Himmel, wenn er glänzt wie Sapphir, und mit freundlicher Klarheit den Blick anzieht und mild das Auge fesselt? Die Sonne funkelt wie Gold, des Mondes heller Schein ist dem Bernstein gleich, manche Sterne senden einen Flammenstrahl, andere schimmern in rosigem Lichte, noch andere spielen ins glänzende Grün oder Weiß.

Betrachte die Edelsteine, wie sie so wunderbar anzuschauen sind. Siehe die Erde, bekränzt mit Blumen, welch reizendes Schauspiel, wie es das Auge ergötzt und das Gefühl hebt! Dort die rothen Rosen, da die weißen Lilien, hier die purpurnen Veilchen. Wie wunderbar ist nicht nur ihre Schönheit, sondern auch ihr Entstehen! Denn aus dem Erdenstaube läßt Gottes Weisheit solche Gestalten treten. Endlich über alles schön ist das Grün, wenn im wiederkehrenden Frühling alles mit neuem Leben aufkeimt und sprosset, gleichsam nach überwundenem Tode, ein Bild der künftigen Auferstehung.