Bernhard von Clairvaux – Weltverleugnung

Ich sehe, wie das Geschlecht der Menschen vom Aufgang bis zum Niedergang der Sonne den Markt dieser Welt durchstreift. Einige suchen nach Reichthümern, Andere nach Aemtern und Würden, noch Andere nach eitlem Ruhme? Was soll ich von den Reichthümern sagen? Werden sie nicht mit Mühe erworben, mit Furcht besessen und mit Schmerz verloren? Siehe, welche Arbeit machst du dir um vergänglicher Güter willen! Obwohl du nach des Weisen Ausspruche nur drei Finger breit vom Tode bist, fährst du über das Meer, fliehest das Vaterland, lässest die Eltern, scheidest von Weib und Kind, vergissest alle Banden der Freundschaft, um zu suchen, was du sammlest, um zu sammeln, was du verlierest, um zu verlieren, was du beklagest. Menschenkinder, wie lange wollt ihr trunken sein, wie lange wollt ihr das Eitle lieben? Was soll ich von großen Würden sagen? Du bist in ein hohes Amt gesetzt, man hat dich an die Spitze bedeutender Angelegenheiten gestellt. Welche Rechenschaft wird Gott von dir fordern, wie wirst du von Menschen beobachtet, wie tritt Alles auf, um gleichsam an dir zu ziehen und zu reißen! Wer kann auf Höhen ohne Wehen, in Würden ohne Bürden sein? Wo soll dein Ruhm herkommen, du Staubgeborner, du Bewohner der lehmernen Hütte, du unreines Gefäß? Nicht dir, nicht dir, dem Namen des Herrn gebühret Ehre. Kannst du auch deinen Ruhm suchen, ohne den Neid gegen dich aufzuwecken? Siehe auf die hin, über die du dich stellst und merke, wie vielen Saamen der Mißgunst du gestreut hast, wie man dich überall mit scheelen Blicken betrachtet. Was dir schmeichelt, bringt dir Haß; was dich hebt, drückt dich nieder. Das sind nun die Waaren, um deren Ankauf sich die Thoren mühen und plagen; der Weise aber dreht dem Kram seinen Rücken, bindet sich die Weltverleugnung darauf und geht davon.