Claudius, Matthias – Der Heiland

Wer nicht an Christum glauben will, der muß sehen, wie er ohne ihn raten kann. Ich und du können das nicht. Wir brauchen jemand, der uns hebe und halte, weil wir leben, und uns die Hand unter den Kopf lege, wenn wir sterben sollen. Und das kann Er überschwenglich tun, nach dem, was von ihm geschrieben steht; und wir wissen keinen, von dem wir’s lieber hätten.

 

Claudius, Matthias – Paraphrasis Evangelii Johannis

Ich habe von Jugend auf gern‘ in der Bibel gelesen, für mein Leben gern. ’s stehn solche schöne Gleichniß und Räthsel d’rinn, und ’s Herz wird einem darnach so recht frisch und muthig. Am liebsten aber les‘ ich im Sanct Johannis. In ihm ist so etwas ganz wunderbares – Dämmerung und Nacht, und durch sie hin der schnelle zückende Bliz! ’n sanftes Abendgewölk und hinter dem Gewölk der grosse volle Mond leibhaftig! so etwas schwermüthiges und hohes und ahndungsvolles, daß mans nicht satt werden kann. ’s ist mir immer beym Lesen im Johannis, als ob ich ihn beym lezten Abendmahl an der Brust seines Meisters vor mir liegen sehe, als ob sein Engel mir’s Licht hält, und mir bey gewissen Stellen um den Hals fallen und etwas ins Ohr sagen wolle. Ich versteh lang nicht alles, was ich lese, aber oft ists doch, als schwebt‘ es fern vor mir, was Johannes meynte, und auch da, wo ich in einen ganz dunklen Ort hinein sehe, hab ich doch eine Vorempfindung von einem grossen herrlichen Sinn, den ich ’nmahl verstehen werde, und darum greiff‘ ich so nach jeder neuen Erklärung des Johannes. Zwas die meisten kräuseln nur an dem abendgewölke, und der Mond hinter ihm hat gute Ruhe.

 

Des Herrn Verfassers Erklärung ist sehr gelehrt, dünkt mich, und ich glaube, daß man wohl zwanzig Jahr studieren muß, ehe man so eine schreiben kann.

Claudius, Matthias – Am Karfreitagsmorgen

Bin die vorige Nacht unterwegs gewesen. Etwas kalt schien einem der Mond auf den Leib, sonst war er aber so hell und schön, daß ich recht meine Freude dran hatt‘, und mich an ihm nicht konnte satt sehen. Heute Nacht vor tausend acht hundert Jahren schienst du gewiß nicht so, dacht‘ ich bey mir selbst; denn es war doch wohl nicht möglich, daß Menschen im Angesicht eines so freundlichen sanften Mond’s einem gerechten unschuldigen Mann Leid thun konnten!

Chrysostomus – Glauben und Werke

Vor den Werken muß erst der Glaube beurtheilt werden. Ich kann nicht zeigen, daß Derjenige, welcher Werke der Gerechtigkeit ohne Glauben thut, lebendig gewesen sei; aber wohl, daß der Gläubige, auch ohne Werke, gelebt und das Himmelreich erlangt habe; Niemand hat das Leben ohne den Glauben. Der Räuber glaubte nur und wurde gerechtfertigt von dem barmherzigen Gott. Wende mir nicht ein, es habe ihm die Zeit gefehlt, gerecht zu leben und gute Werke zu thun; denn dagegen streite ich nicht, sondern nur Das will ich behaupten, daß der Glauben allein und an sich selig macht. Denn wenn er länger gelebt hätte und im Glauben und in den Werken nachlässig gewesen wäre, so würde er des Heiles verlustig gegangen sein. Darum aber handelt es sich jetzt, daß der Glaube allein selig macht; Werke an sich haben noch Niemand gerechtfertigt. (aus der Schrift: vom Glauben und Gesetz)

Chrysostomus – Jesus ist nahe

Jesus ist nahe. Der Weg zu Ihm ist nicht weit, wenn wir nur wollen; denn wir dürfen nicht über Meer setzen, nicht Bergesspitzen erglimmen, sondern zu Hause sitzend, wenn das Herz von Andacht und Reue durchdrungen ist, kannst du Ihn sehen – denn ich bin ein Gott, der nahe ist, sagt er.