Melanchthon über die Amtsenthebung von Bischöfen

 

Dieses ist gegründet, gewiß und offenbar: so ein regierender Bischof in einem Artikel oder mehrern das Evangelium verfolgt, so ist das Kapitel samt dem Patron, oder, so Mangel am Kapitel, der Patron sampt den Ständen schuldig, den selbigen Verfolger, so sich nicht bessert, zu entsetzen, unangesehen, daß die STänd als Unterthan dem Bischof Pflicht gethan. Denn dieses ist Gottes Befehl und Gebot, dagegen keine Pflicht bindet, daß man abgöttische Lehrer fliehen, und daß die Kirche die selbigen entsetzen soll, wie Paulus klar spricht: So jemand ein ander Evangelium prediget, der sey verbannt. Item: Wer nicht verläßt Vater oder Mutter etc. Und dieses vermögen auch die alten Canones und der alten Kirchen Gewohnheit, darin es also gehalten, daß die Kirchen selb die ketzerischen Bischoff entsetzet, als zu Antiochia Paulus Samosatenus entsetzet worden. Wir sind auch derhalben sischerer, daß wir uns von ihnen thun, daß wir gewiß sind, daß der Pfaffen Will, Meinung, Anschläge und Practiken alle fürnehmlich zu Unterdrückung der Wahrheit gerichtet ist, und nicht zu rechter Kirchen Regierung. Darum gebühret den Patronen und den Kirchen zu gedenken, wie ihr ungöttlich Wesen zu wehren. Item, wie droben gesagt, hiemit wird dem Kapitel der gebührliche Gehorsam nicht entzogen, dieweil Erhaltung dieser Kirchen und Besserung, und nicht Verminderung gesucht wird, wie auch solchs die ernste und gründliche Meinung seyn soll, und anders nicht, und der Stände Wille also stehet, daß sie einem christlichen Bischof und Kapitel, das die Kirchen-Regierung recht und treulich erhält, allen billigen Gehorsam erzeigen wollen.

Bretschneider, Carolus Gottlieb
Corpus Reformatorum
Volumen IV.
Halis Saxonum
C. A. Schwetschke und Sohn
1837