Heinrich I. – Abschiedsworte an seine Frau Mathilde<

O du uns immerdar so Getreue, auch mit Recht Geliebte, wir danken Christus, daß wir dich lebend hinterlassen. Denn keiner hat ein glaubensstärkeres, in allem Guten rühmlicheres Weib sich verbunden. So habe Dank dafür, daß du unseren Zorn unermüdlich besänftigt, stets uns tauglichen Rat erteilt, uns oftmals von einer Unbilligkeit zur Gerechtigkeit geleitet und emsig ermahnt hast, den Gewaltleidenden Barmherzigkeit zu erweisen. Nunmehr befehlen wir dem allmächtigen Gott und der Fürbitte seiner Auserwählen dich und unsere Kinder, wie auch unsere Seele, die alsbald vom Leibe scheiden wird.

Gustav Werner – Bruderliebe

Meinst du, damit sei deinem Gott gedient, daß du die Hände in den Schoß legst und deinen armen Mitbruder seinem Elend überlässest? Gott hat ihn an dich gewiesen, er rechnet darauf, daß du seinem Kinde helfest, denn er will ohne dich nichts tun. Wie mag es ihm nur sein, wenn sein Kind im Elend sitzt und er ihm nur mit dir helfen will, du aber ruhig sitzen bleibst und nur zu ihm singst und betest? Muß er nicht sagen: Was soll mir das Geplärr eurer Lieder? Sieh, dort hungert, dürstet mein Kind, gehe hin und erquicke es; es leidet bitteren Mangel, stille ihn; es ist nackend, kleide es; es wird verfolgt, verteidige es. Ich will ihm helfen durch dich! Aber deine Hand rührt sich nicht. Warum? Sie ist verdorrt, sie hat ganz verlernt, Gutes zu tun. Darum strecke deine Hand aus! Fang einmal herzhaft an, laß die Leute richten und spotten und sitz hin und mach einem Armen ein Kleid, das wird dem Herrn besser gefallen denn Opfer und Brandopfer, besser als viel Beten und Singen. Sieh dort einen kranken oder armen Mann, eine bedrängte Witfrau, die ihre Felder nicht bestellen können. Gott läßt sie ihnen nicht von Engeln bauen. Er wartet auf dich, nur deine Hand braucht er dazu, darum strecke sie aus und diene ihnen; wie du dir selbst dienest und arbeitest, so tue es auch ihnen.

Hermann Friedrich Kohlbrügge – Schädel

Darum, wenn ich sterbe – ich sterbe aber nicht mehr – und es findet jemand meinen Schädel, so predige ihm dieser Schädel noch: Ich habe keine Augen, dennoch schaue ich ihn; ich habe kein Gehirn noch Verstand, dennoch umfasse ich ihn; ich habe keine Lippen, dennoch küsse ich ihn; ich habe keine Zunge, dennoch lobsinge ich ihn mit euch allen, die ihr seinen Namen anruft. Ich bin ein harter Schädel, dennoch bin ich ganz erweicht und zerschmolzen in seiner Liebe; ich liege hier draußen auf dem Gottesacker, dennoch bin ich drinnen im Paradies! Alles Leiden ist vergessen! Das hat uns seine große Liebe getan, da er für uns sein Kreuz trug und hinausging nach Golgatha.

Hermann Friedrich Kohlbrügge – Lehre

Bleibt bei der Wahrheit, welche ich euch mitgeteilt habe, auf welcher ich lebe und sterbe und wovon ich weiß, daß es das ist, was alle Jahrhunderte hindurch die besten Lehrer der Kirche, auch unsere teuren Reformatoren auf Grund des Wortes Gottes gelehrt haben. Ich sterbe darauf und widerrufe von allem, was ich geschrieben habe und ihr in den Händen habt, kein Titel und Jota. Ich weiß daß es Gottes Wort ist in reinem Gold und Silber: denn ich habe es nicht aus dem Ärmel geschüttelt, sondern aus tiefstem Leiden heraus habe ich es euch mitgeteilt – ich, der ich jeden Tag, ja jede Stunde, jeden Augenblick mich gänzlich abhängig fühle von freier Gnade und Erbarmungen Gottes, ja täglich vor seinem Gnadenstuhl krieche als ein Wurm im Staube.

Joachim von Fiore – Verfolgung

Wenn der allmächtige Gott das Alte beenden will, um das Neue aufzubauen, läßt er es zu, daß der Kirche irgendeine Verfolgung geschehe, und indem der das, was er beenden will, verläßt, beschützt er das, was bleiben soll, so daß das Neue, das Gute, das im Dunkeln verborgen war, bei gegebener Gelegenheit zum Lichte emporgeführt werde. Wenn Gott durch die Abfolge der Zeiten die Lage der Kirche verändern will, damit eins nach dem andern erfüllt werde, wie es geschrieben steht, werden einige Jahre vorher Wetterleuchten, Blitze und Wunder vorausgehen; ermahnende Stimmen, die Donner geistiger Reden, sei es, um die Verschlafenen und Faulen aus dem Schlafe des Todes aufzurütteln, sei es, damit die einen wie die andern erkennen, daß der Herr etwas Neues auf dieser Erde beginnen wird.

Johann Christian Senckenberg – Anforderungen an einen Arzt

Der Arzt muß fromm sein, wenn er nicht ein Stümper sein will. Das bloße Wissen bläht auf und macht unfähig, das Richtige zu erkennen. Mit mehr Sicherheit heilt derjenige, welcher mit der Liebe aus Gott erfüllt ist, mich schlichtem Herzen die Natur anschaut und aus ihr seine Weisheit schöpft. Aber selbst das Auge eines solchen Arztes ist schwach und trügerisch, und nur der allmächtige Gott gewährt den rechten Blick, indem der Arzt einfachen Sinnes und ohne Selbstüberschätzung Gottes Gaben zur Ehre Gottes und zum Wohle des Nächsten gebraucht.

Blumhardt, Johann Christoph – Aus einer Karfreitagspredigt

Was da der Herr Jesus ausgestanden hat, das wird noch einmal offenbar werden. Aber eben damit hat auch der Heiland ein Recht bekommen an der Finsternis, so daß gerade hier am Kreuz sich die Aussicht eröffnet, daß es einmal dahin kommen soll, daß alle Knie sich beugen müssen, sowohl im Himmel als auch auf Erden und unter er Erde, und alle Zungen bekennen, daß Jesus Christus der Herr sei zur Ehre Gottes, des Vaters. Das ist so groß, daß wir es nicht aussprechen mögen und kaum zu denken wagen. Der Karfreitag verkündet einen Generalpardon über die ganze Welt, und dieser Generalpardon wird noch offenbar werden; denn nicht umsonst hin Jesus am Kreuz, nicht umsonst dürfen alle Kreaturen, auch im Unsichtbaren, ihren Hohn an ihm ausüben, nein, nicht umsonst! Auf einen Generalpardon geht es zu, und er wird noch kommen, Gott gebe, in Bälde. Wer dieses Größte nicht zu denken vermag, weiß nichts von einem Karfreitag.

Johann Christoph Blumhardt – Ausgießung des Heiligen Geistes

Nicht nur die Welt, auch die gläubige Welt ist einfach zu träge, mit den Verheißungen Gottes ernstzumachen. Ich erwarte eine Ausgießung des Heiligen Geistes. Diese muss kommen, wenn es mit unserer Christenheit anders werden soll. Ich spüre es, so darf es nicht fortgehen. Die ersten Gaben und Kräfte, ach, die sollten wiederkommen, und ich glaube, der Heiland wartet nur darauf, daß wir ihn darum bitten.