Philipp Melanchthon – Aus einer Rede aus dem Jahr 1548

Menschliche Wachsamkeit und menschliche Weisheit ist unsern Gefahren und Kämpfen nicht gewachsen. Denn einesteils fällt der Geist von Natur leicht in Erschlaffung, und die Teufel stellen den Lehrenden und Lernenden vielfältig nach. In der Kirche jedoch läßt der Sohn Gottes das Licht der Wahrheit nicht gänzlich verlöschen, wie er denn auch fleht: Heilige sie in der Wahrheit, dein Wort ist die Wahrheit! Es wird aber dieses letzte und wahnwitzige Zeitalter der Welt um so mehr Irrtum haben, weil die Zerfleischung der Kirchen wie der Staaten allmählich steigen werden. Zugleich wird Haß und Feindseligkeit zunehmen, und der Wahnsinn ehrgeiziger Köpfe wird die Unterredungen und Beratschlagungen der Vernünftigen verhindern. Darum wollen wir unsere Gefahren erkennen, und den Sohn Gottes, unseren Herrn Jesus Christus, unablässig anflehen, uns zu leiten und stark zu machen, damit wir nicht von ihm weichen.