Trauriger Mißbrauch der Gelehrsamkeit! Daß es den Menschen so leicht gemacht wird, sich derart selbst zu betrügen! Denk dir ein Land. Es geht ein königliches Gebot aus an alle Beamten und Untertanen, kurz an die ganze Bevölkerung. Was geschieht?
Es geht mit allen eine merkwürdige Veränderung vor: alles verwandelt sich in Ausleger, die Beamten verfassen Schriften, jeden Tag erscheint eine Auslegung, die eine immer gelehrter, scharfsinniger, geschmackvoller, tiefsinniger, einfallsreicher, wundervoller, schöner und wunderbar schöner als die andere; die Kritik, welche die Übersicht geben soll, behält kaum die Übersicht über diese ungeheure Literatur – alles ist Auslegung. Niemand aber hat das Königsgebot dergestalt gelesen, dass er danach täte…
Was meinst du nun, wird dieser König von dergleichen denken? Ob er nicht sagen würde: dass sie dem Gebot nicht nachkommen, das könnte ich ihnen immerhin verzeihen. Fernerhin, falls sie eine Bittschrift bei mir einreichten, dass ich Geduld mit ihnen haben, oder sie vielleicht ganz verschonen möge mit diesem Gebot, das ihnen so schwer falle: ich könnte ihnen verzeihen. Das aber kann ich nicht verzeihen, dass man sogar den Gesichtspunkt für das, was Ernst ist, verschiebt.