Hermann Bezzel – Christus: Der Knecht Gottes

Kraft wird im Geringen vollendet. Das ist die eigentliche Lösung des Lebensgeheimnisses des Herrn Christus. Kraft wird im Geringen vollendet, darum hat er auf eine geringe Zahl von Jahren, von denen eigentlich nur drei uns näher bekannt sind, in einer ungemein geringen Zahl von Worten, von denen uns die wenigsten nur überkommen sind, in einer geringen Zahl von Wundern seine ganze Heilandsgröße eröffnet und erfüllt, weil wir es eben wissen müssen: das Geringe, das Unscheinbare und Beschränkte ist sowohl die Konzentrierung als die Kondensierung seiner göttlichen Kraft. Er hat auf einen Punkt sein ganzes Sein gesammelt; und indem er so das Ganze auf einen Punkt sammelte, hat er das Größte im Kleinsten gegeben.

Hermann Bezzel – Christus: Der Friede

„Er ist unser Friede!“ — Ob nun die Pflanze schon alle Wurzeln in die Tiefe dieses seligen Friedens eingeschlagen hat, oder ob sie nur mit schwankendem Reis in diesen Frieden sich hineingewagt hat, wenn sie nur in ihm ist, so ist sie so geborgen, daß der Sturm nicht imstande ist, die Wurzel zu lösen, sondern sie nur um so tiefer in den Felsen treibt.

Wer die Herrlichkeit Jesu sieht, der gewahrt, daß alle Rätsel in ihm Frieden bedeuten und alles Weh sich durch ihn in Gnade wandelt und alle Schrecken aus ihm sich in Sieg verkehren. Je mehr ein Mensch sich ganz Jesus zu eigen gibt, desto mehr werden die Rätsel in seiner Lebensführung, in der Lebensführung der Seinen, der Welt ihm gelöst.

Hermann Bezzel – Christus: Der Weg

„Ich bin der Weg!“ — Es geht nie anders in die Bleibe-Stätte als durch den völligen Zusammenschluß deines Willens mit dem Willen Jesu, und du kommst nie zum Frieden, bis du ganz mit ihm eins geworden bist.

Es ist kein Ort des Schreckens und des Grauens, kein Tal der Tränen und des Leides, die ER nicht durchmessen und durchkostet hätte.

Es ist etwas Großes, in einer Welt der Ungewißheit seines Weges- und Zieles gewiß zu bleiben. Jeder Weg ist mir recht, auf dem ich Jesus weiß; jede Arbeit ist mir teuer, die ich für Jesus tue, jede Heimsuchung mir wert, wenn und weil sie von Jesus kommt.

Hermann Bezzel – Christus: Das Licht

„Ich bin das Licht der Welt!“ — Alle andern Lichter werfen einen unsicheren Schein in uns hinein, hinter dem sich noch eine Menge von Unrechtem verbergen kann.

Treue Seelsorge geht auch nur bis zu einem gewissen Punkt deines Innenlebens, soweit du dich ihr eben zu erkennen gibst oder sie dich nach ihren Erfahrungen erforschen kann. Aber Jesu Seelsorge, weil er das Licht ist, zeigt sich am meisten in der Dunkelheit deines Wesens, in den verborgenen Falten deines Charakters, gibt dir im Innersten ein ganz anderes Bild. Das ist die echte Beichte, daß man Jesum, das Licht der Welt, hinein in sein Innerstes fallen läßt. Wir haben nicht mehr viel Zeit, wir sterben sonst an der Unkenntnis unserer selbst.

Hermann Bezzel – Christus das Brot

„Ich bin das Brot des Lebens!“ — Alle, die dieses Wortes nicht froh werden wollen, werden an Heißhunger vergehen. Sie suchen und finden nicht; sie verlangen und bekommen nicht. Wer aber zu diesem Brote in großer Not und bitterster Entbehrung Zuflucht nimmt, hört: „Ich will dich erquicken!“ Wer dieses Brot ißt, indem er im Glauben die ganze Armut Jesu als ihm zugut geworden erfaßt und erfährt, den wird nimmermehr hungern. Halte dich an diese Speise! Glaube an den armen Jesus, daß er dich reich, an den einsamen, daß er dich freudig mache! Halt im Gedächtnis Jesum Christum, daß du von ihm lebst! Wer von ihm lebt, der lebt durch ihn. Ihr dürft es gewiß glauben: es geht der Tod an denen vorüber, die des Herrn froh geworden sind, und die dies Brot auf ihrer Wallfahrt essen, die werden am Ende reich gesättigt sein. Kommt, sehet, schmecket, wie freundlich der Herr ist, der die Hungrigen mit Gütern füllet! Kommt und braucht von diesem teuren Brot, dann werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen, Kraft für euren Weg bis ans Ende und die Gewißheit, daß auch der letzte, schwere Gang in der Kraft des Herrn vollendet werden darf.

Johann Heinrich Pestalozzi – Von der Liebe zu Gott und dem Nächsten

Die Liebe bestehet nicht in Einbildungen und Worten, sondern in der Kraft des Menschen, die Last der Erden zu tragen, ihr Elend zu mindern und ihren Jammer zu heben. Der Gott der Liebe hat die Liebe an die Ordnung der Erde gebunden, und wer für das, was er in der Welt sein soll, nicht in der Ordnung ist, der ist auch für die Liebe Gottes und des Nächsten in der Welt nicht in Ordnung. Wer immer nicht ist, was er sein soll, nicht kann, was seine Pflicht ist, und zu dem nicht taugt, was ihm obliegt, dem mangelt die erste Kraft der reinen Liebe Gottes und des Nächsten.

Jakob Vetter – Von der Demut.

Wer in Gott seine Ruhe finden will, der muß diese Gnade der Demut und Sanftmut empfangen. Wer sich nicht der Demut befleißigt, bleibt in der Unruhe und wird nie in seinem Gott sein Lebenselement finden. Ein Knecht Gottes sagte einmal: „Die Demut ist das Fundament aller Tugend und der sicherste Weg zum ewigen Heil. Niemand schäme sich der Demut; denn dadurch wird er dem König an Ehre ähnlich. Ohne Demut arten alle andern Tugenden in Untugenden aus.“ — Was ist Demut? Im Hebräischen kommt Demut von Leiden, wenn einem der „Hohe Mut“ (Hochmut) gebrochen; im Griechischen von „niedrig gesinnt sein“. Der Demütige hat keine hohen Gedanken mehr, er unterwirft sich seinem Gott.

Jakob Vetter – Wie bekommt man die Demut?

Sie ist vor allem ein Gnadengeschenk Gottes. Wer in Gott eingekehrt ist und erfüllt wird mit dem Heiligen Geist, der bekommt dieses Kleinod als eine Frucht des Geistes. Das geschieht durch wahre Buße. Wo die ist, da bereut man gründlich seine Sünden und erkennt seine Unreinigkeit und verborgene Bosheit, ja das ganze Verderben seines Herzens. Ein Mensch, der solche Selbsterkenntnis hat, der unterwirft sich seinem Gott. Er ist willig, allem zu entsagen, damit er Gott findet. Hier wird der böse Geist des Hochmuts überwunden und die Demut geboren. In der Seele entsteht ein großes Hungern und Dürsten nach dieser Gnade. Die Demut kann von Gott nicht lassen. Man muß also Gott inbrünstig lieben, dann begnadigt er uns mit dieser Gabe. Ein alter Heiliger hat gesagt: „Die Liebe ist die Mutter der Demut, und je mehr diese Liebe Gottes in uns zunimmt, desto größer wird der heilige Haß unserer selbst in uns; denn nun lehrt uns diese, wie unrecht wir uns bisher geliebt haben, und wie in Zukunft wir uns lieben sollen. Denn nur dann lieben wir uns echt und wahrhaftig, wenn wir uns vor dem hohen Gott erniedrigen und demütigen.“