Claudius, Matthias – Etwas tun

Man kann nicht bergauf kommen, ohne bergan zu gehen. Und ob wohl Steigen beschwerlich ist, so kommt man doch dem Gipfel immer näher, und mit jedem Schritt wird die Aussicht umher freier und schöner! Und oben ist oben.

Wie nun der Sklave es auch machen möge, sich seiner Ketten zu entledigen, so viel ist klar, dass er durch Wissen und Vernünfteln die Ketten nicht brechen werde, sondern dass er Hand anlegen müsse, wenn es sein Ernst ist, ihrer los zu werden.

Claudius, Matthias – Licht

Wenn ein guter Hausvater bei Nacht Licht braucht, so hascht er’s nicht draußen unter dem weiten Tausend-Sternen-Himmel, und bringt es durch die Fenster herein, sondern er schlägt es mit Stahl und Stein mühsam und künstlich im Hause an, und lässt es durch die Fenster hinaus leuchten.

Claudius, Matthias – Er schuf sie ein Männlein und Fräulein.

1. Buch Mose 1, v. 27.

Ich hab‘ immer gedacht, dass der Spruch nicht umsonst in der Bibel stehe, und ich denk es noch. Er soll wohl unter andern zu verstehen geben, wenn so ’n Fräulein uns mit ihren Taubenaugen überlistet, dass wir uns ceteris paribus nicht schämen dürfen, denn Gott hat das Fräulein mit den Taubenaugen erschaffen. Ihn jammerte des Menschen, dass er so im Schweiße seines Angesichts dahin ging, bis er wieder zur Erde würde, davon er genommen war, und gedachte ihm wohl zu tun da wandelten die zarten Lispel vom Himmel herab, da schlug die Liebe die Flügel, und seine Engel tanzten zum Klange des ersten Flügelschlags, Aber der Feind kam auch her bei der Nacht und säete giftige, hässliche Drachen, und ungeheuer mit Pumphosen und goldenen Klauen. Die kamen und verheerten die schönen Jünglinge und Mädchen im Lande, und die heilige Liebe des Fräuleins floh und verbarg sich in den Felsklüften und auf den Scheidebergen, und selig ist, wer sie findet!

Claudius, Matthias – Was ich wohl mag.

Ich mag wohl Begraben mit ansehen, wenn so ein rotgeweintes Auge noch einmal in die Gruft hinabblickt, oder einer sich so kurz umwendet und so bleich und starr sieht und nicht zum Weinen kommen kann; ’s pflegt mir dann wohl selbst nicht richtig in’n Augen zu werden, aber eigentlich bin ich doch fröhlich. Und warum sollt ich auch nicht fröhlich sein; liegt er doch nun und hat Ruhe! und ich bin darin ’n närrischer Kerl; wenn ich Weizen säen sehe, so denk‘ ich schon an die Stoppeln und den Erntetanz. Die Leut‘ fürchten sich so vor einem Toten, weiß nicht, warum. Es ist ein rührender, heiliger, schöner Anblick, einer Leiche in’s Gesicht zu sehen; aber sie muss ohne Flitterstaat sein. Die stille, blasse Todesgestalt ist ihr Schmuck, und die Spuren der Verwesung ihr Halbgeschmeide, und das erste Hahnengeschrei zur Auferstehung.