Irenäus – Schöpfung

Darin unterscheidet sich Gott von den Menschen, dass Gott macht, der Mensch aber gemacht wird. Der da macht, ist immer derselbe, was aber gemacht wird, muss einen Anfang und eine Mitte haben, ein Zunehmen und eine Vermehrung erleiden. Gott spendet Wohltaten, der Mensch empfängt sie. Gott ist in allem vollendet, sich selbst gleich und ähnlich, ganz Licht, ganz Verstand, ganz Wesen und die Quelle aller Güter, der Mensch aber schreitet fort und wächst Gott entgegen.

Du machst Gott nicht, sondern Gott macht dich. Wenn du also ein Werk Gottes bist, so erwarte die Hand deines Künstlers, die alles zur rechten Zeit macht, zur rechten Zeit nämlich für dich, der du gemacht wirst! Bringe ihm aber ein weiches und williges Herz entgegen und bewahre die Gestalt, die dir der Künstler gegeben, und halte die Feuchtigkeit in dir fest, damit du nicht verhärtest und die Spur seiner Finger verlierst!

Irenäus – Wissen

Halte Ordnung in deinem Wissen und erhebe dich nicht über Gott selbst, indem du verkennst, was dir gut ist, denn du kannst ihn nicht übersteigen. Unergründlich ist dein Schöpfer, und über ihn hinaus sollst du keinen anderen Vater dir erdenken, gleich als ob du diesen gänzlich durchmessen und seine Schöpfung durchwandert und seine Tiefe und Breite und Länge erfasst hättest. Du wirst keinen über ihm dir erdenken können, sondern, gegen die Natur denkend, wirst du unvernünftig werden, und wenn du darin verharrst, in Wahnsinn versinken, weil du dich für besser und höher hieltest als deinen Schöpfer.

Irenäus – Die Kirche

Die Kirche bewahrt Botschaft und Glauben, wie sie empfangen hat, obwohl sie über die ganze Welt zerstreut ist, sorgfältig, als ob sie in einem Hause wohnte, glaubet so daran, als ob sie nur eine Seele und ein Herz hätte, und verkündet und überliefert ihre Lehre so einstimmig, als ob sie nur einen Mund besäße. Und wenngleich es auf der Welt verschiedene Sprachen gibt, so ist doch die Kraft der Überlieferung ein und dieselbe. Die in Germanien gegründeten Kirchen glauben und überliefern nicht anders als die in Spanien oder bei den Kelten, die im Orient oder in Ägypten, die in Libyen oder in der Mitte der Welt. So wie Gottes Sonne in der ganzen Welt eine und dieselbe ist, so dringt auch die Botschaft der Wahrheit überall hin und erleuchtet alle Menschen, die zur Erkenntnis der Wahrheit kommen wollen. Es ist ein und derselbe Glaube, ihn kann nicht vermehren, wer viel zu reden versteht, nicht vermindern, wer wenig spricht.

Peter Rosegger – Brief an W. Kienzl

Ich tät schon hin sein, lieber Freund, wenn Christus nicht wäre. Der erlaubt mir alles. Wenn man nur der Liebe sich bestrebt, dann erlaubt er alles. Christus sagt mir: Kümmere dich nicht um Leute und um ihre Sitten, sei du selbst! Wo ich selbst sein darf, dort atme ich auf. Doch muss man sich aus Menschenliebe auch vor dem Selbste anderer unterordnen können, und das habe ich noch zu lernen. Wenn hundert Meinungen laut werden, die mir widersprechen, so habe ich demütig zu schweigen. Kann kann ich ja in meine innere Welt zurückkehren, wo alles nach meinem Wunsche eingerichtet ist, das heißt, wenn diese innere Welt existiert, wenn ich verstanden habe, sie zu erschaffen, zu erhalten. Und das soll unser Ziel sein, diese innere Welt, die Fenster hat zum Hinausschauen, aber keine Fenster zum Hineinschauen. Das Reich Gottes im Herzen.

 

Theophil Krawielitzki – Heiligung

Musikinstrumente gebraucht man nicht, bevor sie gestimmt sind, und vermeidet alle verstimmten. Menschen reden aber gewöhnlich am meisten, wenn sie verstimmt sind. Doch kann in solcher Lage niemand sich selbst oder andere richtig sehen und beurteilen. Man sieht dann alles gefärbt und kann viel Schaden anrichten, wenn man in solcher Herzensstellung zu Schwestern oder gar zu Fernstehenden sich äußert. Die göttliche Linie zeigt uns, dass wir Lasten zu tragen haben, ohne uns unglücklich zu fühlen und drüber zu murren oder sogar bitter zu werden. Wer sein eigenes, böses Herz im Lichte kennen und hassen gelernt hat, wird heilig mit den Lasten anderer umgehen, auch das ganze Werk und Mutterhaus wird ihm ein Heiligtum, über das man nicht Freiheit hat, viel zu reden oder gar zu urteilen. Mit allen Mängeln, die man tief empfindet und sich mit darunter stellt als unter eigene Schuld und Mitschuld, ist es doch Gottes Werk, in welchem dem Herrn zu dienen Gnade ist und wo jedes sich nur mächtiger mit dem Heiligen Geist erfüllen lassen sollte, damit der Sünden und Seufzer weniger werden.

Ludwig Richter – Christus, die Quelle

Jetzt erkenne ich mehr und mehr, wie Christus allein die lebendige Quelle ist, an welche ich mich zu halten habe, wie das, was wir Christentum nennen, ein mit Christo verborgenes Leben ist, ein Quellwasser, klar und rein, ohne Geschmack und Farbe, aber erfrischend und stärkend zum ewigen Leben. Kirchen und Konfessionen mit ihren Dogmen und Kulten tragen den Schatz in irdenen Gefäßen, und das reine Quellwasser, welches er spendet, nimmt den Beigeschmack des Gefäßes an, bald so, bald so. Das ist das Menschliche daran. Er ist nicht zu verachten, denn es ist oft ein Segen darin; aber wer endlich rein aus der Quelle schöpft, wird nicht irren und wird großen Frieden haben.

Columba von Iona – Abschiedswort

Das, meine lieben Söhne, sind die letzten Worte, die ich an euch richte: Habt gegenseitige und aufrichtige Liebe untereinander und lebet im Frieden! Wenn ihr so dem Beispiel der heiligen Väter folgt, wird Gott, der Tröster der Guten, euer Helfer sein, und ich, der ich bei ihm sein werde, will für euch in der Fürbitte einstehen. Er wird euch genug geben, um allen Mangel dieses gegenwärtigen Lebens auszufüllen. Darüber hinaus aber wird er euch alles Gute und den ewigen Lohn, der aufbewahrt ist für die, die seine Gebote halten, zufallen lassen.

Ludwig Ihmels – Christus in uns

Der Mensch ist eben zu Gott hin geschaffen, und es gehört zum Wesen der menschlichen Persönlichkeit, dass sie nur in der Hingabe an Gott zur Vollendung kommt. Wir kommen buchstäblich dann erst zu uns selbst, wenn wir zu Gott finden. Das alles aber kann nur von dem verstanden werden, der es erlebt. Darum ist die Tür des Glaubens in sich selbst das höchste Wagnis, ein völliges Sich-selbst-belassen der Menschen. Vor diesem Wagnis hebt der Mensch zurück, und es kommt in Wirklichkeit nur so zustande, dass Gott über den Menschen Gewalt gewinnt. Darum hebt hier das Ringen Gottes um eine Seele an, das ergreifendste Schauspiel, das es auf Erden gibt, das Ringen Gottes, einen Menschen von sich selbst loszumachen. Und davon, ob dieses Ringen zum Ziele kommt, davon hängt es zuletzt ab, ob wir zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen oder nicht.