Bengel, Johann Albrecht – Wachen und Schlaf.

Die geistliche Wachsamkeit ist eine Munterkeit des innern Menschen und ein ungehinderter Gebrauch der geistlichen und der natürlichen, durch die Gnade erneuerten, Sinnen, da ein Mensch in dem Licht Gottes recht bei sich selbst und sein selbst mächtig ist.

Ein natürlicher Mensch, ehe das Leben und Licht in ihn eintritt, ist, der geistlichen Dinge halber, im Todesschlaf versunken, und mit seinem übrigen Tun ist er wie ein Träumender. Ein solcher hat eine Menge Phantasien nacheinander, aber er kann sich bei denselben nicht regieren, sondern, wie ihn seine Lüste und Einfälle von einer Stunde zur andern ankommen, so folget er.

Wenn er aber etwas vom Licht der Gnade inne wird, so ist ihm zugleich die Freiheit zu einem guten Anfang angetragen: er kann sich entweder dem Guten ergeben, oder dagegen wieder einschlafen.