Bernhard von Clairvaux – Bekenntnis auf dem Sterbebett

Als Bernhardus sterben sollte, hat er gesagt: ich habe schlecht gelebt, und bekenne, daß ich durch mein Verdienst das Himmelreich nicht erlangen kann, aber mein Herr Jesus Christus hat das Himmelreich aus zweyerley Recht, einmal darum, weil ER der eingebohrne Sohn Gottes ist, – zum andernmal als Mensch durch das Verdienst seines Leidens; das erste Recht behält ER für sich, das andre aber schenkt ER mir; desselben Geschenks nehme ich mich an, und werde nicht zu schanden. Luther sagt in seinen Schriften, durch dieses Wort sey Bernhardus erhalten worden.

Bernhard von Clairvaux – Bekehrung von ganzem Herzen

Achte sorgfältig darauf, was du liebst, was du fürchtest, worüber du dich freust oder betrübst, und du wirst unter der äußeren religiösen Haltung einen weltlichen Geist, unter dem Lumpengewand der Bekehrung ein verkehrtes Herz finden. Das ganze Herz nämlich liegt in folgenden vier Neigungen und Gesinnungen, – und, ich meine, von ihnen aus ist es abzunehmen, was es besagen will: du sollst dich von ganzem Herzen zu Gott bekehren! Deine Liebe zuvörderst soll sich bekehren, so daß du durchaus nichts als ihn oder doch sicherlich nur als um seinetwillen liebst. Auch deine Furcht soll sich zu ihm bekehren, weil jede Furcht verkehrt ist, nach welcher du etwas außer ihm oder nicht um seinetwillen fürchtest. So soll sich auch deine Freude und deine Trauer gleichermaßen zu ihm bekehren. Das aber wird nur so geschehen, daß du bloß hinter ihm her trauerst und dich freust. Denn gibt es etwas Verkehrteres als sich zu freuen, wenn du etwas schlecht gemacht hast, oder über schlechte Dinge aufzujauchzen? Auch diejenige Traurigkeit, welche nach und aus dem Fleische ist, bringt den Tod. Wenn du aber über deine oder deines Nächsten Sünde trauerst, so tust du wohl, und diese Traurigkeit ist zum Heil. Wenn du deine Freude an den Gaben der Gnade hast, so ist das eine heilige und sichere Freude im Heiligen Geist. Du sollst auch in der Liebe zu Christo dich mit den Brüdern über Freudiges freuen, und über Trauriges mit ihnen trauern, wie geschrieben steht: „Freuet euch mit den Fröhlichen und weinet mit den Weinenden!“ (Röm. 12, 15.) Bei alledem ist selbst die leibliche Bekehrung nicht gering zu schätzen, vielmehr ist sie als eine nicht geringe Hilfe für die geistliche anzusehen. Daher fügt der Herr zu seiner Rede: „Von ganzem Herzen“ noch hinzu: „mit Fasten“, was doch Sache des Leibes ist. Doch will ich dabei uns daran erinnert haben, daß jenes Fasten nicht bloß in Bezug auf die Speisen, sondern auch auf alle Lockungen des Fleisches und das ganze Begehren des Leibes zu beobachten ist; ja es gilt sogar bei weitem mehr der Sünden als der Speisen sich zu enthalten.

Bernhard von Clairvaux – Sprich nicht immer von Deinen alten Sünden

Es gibt solche, die in ein religiöses Kleid sich hüllen, sich als Christen bekennen, aber mit einer Art Prahlerei von ihrem früheren Sündenleben sprechen. das ist ein Zeichen, dass sie noch nicht los sind von ihrem alten Leben. Das Gewand der Demut ist bei solchen kein Merkmal einer heiligen Erneuerung, sondern nur eine Verhüllung ihres alten Sinnes. Sie reden wohl wie in Schmerz und Reue, aber indem ihre Gesinnung darauf ausgeht, sich zu rühmen, täuschen sie sich selbst, denn Gott läßt sich nicht spotten (Gal. 6,7). Sie haben den alten Menschen nicht ausgezogen, sondern verdecken ihn nur mit einem neuen Gewand. Der alte Sauerteig ist mit solchem Bekenntnis nicht ausgefegt.

Bernhard von Clairvaux – Toter Glaube

Ich kann dich nicht rechtschaffen nennen, wenn du nur nicht gegen das Gebot verstößt. Was ist der Glaube, der sich nicht in Liebe betätigt, anders als ein entseelter Leichnam. Ehrt man etwa Gott mit toten Werken? Was wunderst du dich, o Kain, wenn Gott auf dein Opfer nicht gnädig sieht? Wie kannst du rechtschaffen sein, du, dessen Glaube tot ist, dessen Werke ebenfalls tot sind? Der Tod des Glaubens aber ist Trennung von der Liebe. Glaubst du an Christus? Tue Werke Christi, damit dein Glaube lebe. Wenn du sagst, dass du in Christo bleibst, musst du auch wandeln, wie er gewandelt hat. Wenn du aber eigene Ehre suchst, andere beneidest oder verkleinerst, dem, der dich kränkt, mit gleichem vergiltst, so hat Christus dergleichen nicht getan. Du bekennst also Christus mit dem Munde, mit der Tat aber verleugnest du ihn, und dir gilt das Wort: Dieses Volk ehrt mich mit seinen Lippen, aber ihr Herz ist ferne von mir!

Johann Albrecht Bengel – Über die Kindheit

Ich erinnere mich noch von meiner Kindheit her, daß, als mein seliger Vater mir frühzeitig gestorben, ich die feste Überzeugung in meinem Herzen gehabt habe, daß ich ihn wollte mit meinem Gebet am Leben erhalten haben, wenn man mich angewiesen hätte, Gott um Verlängerung seines Lebens zu bitten. Ich habe in meiner zarten Jugend lautere, reine, zärtliche göttliche Rührungen gehabt. Man hat mich fromm geheißen, aber nicht weiter nach mir gefragt; ich war wie ein Gras, das auf niemand harrt. Ich habe, als ich etwa sechs oder sieben Jahre alt war, an den in der Kirche angeschrieben gewesenen Sprüchen aus der Epistel an die Römer über den Tod, die Sünde, die Gerechtigkeit und die Wunden des Herrn meine große Freude gehabt.

Johann Albrecht Bengel – Im Rückblick auf die Universitätszeit

Einer, der am Inhalt der Bibel zweifelt, ist wie ein Reisender, der über keine Pfütze schreiten und über kein Gräslein gehen will, sondern alles vorher eben gemacht und ausgefüllt haben möchte. Wer wollte einen solchen für klug halten? Der Glaube hängt sich an alles an, was er kriegt, und macht wacker fort; der Unglaube ist das Gegenteil davon. Beim Bibelstudium macht man’s wie ein Kurier, der über die Tiefen und Höhen auf die nächste und beste Weise seinem Ziel zueilt und nicht vorher eine jede Scholle einebnet. Das Schwere gibt sich zuletzt von selbst. Die wichtigsten Streitfragen sind die, die der Mensch in seinem eignen Herzen trägt. Es hat damit nirgends weder Ziel noch Ende, sofern der Mensch noch zu keiner Änderung und Erneuerung durchgebrochen ist. Sobald aber dies geschieht, fallen auf einmal viele Gewissenszweifel dahin und sind bald entschieden.

Johann Albrecht Bengel – Tagebuchnotiz

Gott hat mein Herz berührt. Ihm sei Ehre! Wenn man einige Zeit draußen unter den Leuten gewesen ist und Freude am Umgang mit einfachen Leuten bekommen hat, ist es gut, wenn man hernach eine Weile wieder in das Stift zurückgeht, seine Theologie aufs neue vornimmt und sie mehr im Blick auf die Anwendung hin durchgeht. Kommt man hernach wieder hinaus (ins Amt), dann kann man weit besser fortkommen und im Segen arbeiten.

Johann Albrecht Bengel – Aus Anlass der Berufung in den „Engeren Ausschuss“ im Jahr 1749

Bei der Aufnahme in den landschaftlichen Ausschuss und in das fürstliche Konsistorium wurde ich erst recht inne, was es ist, für das allgemeine Beste eines Landes und der Kirche nicht nur überhaupt im Ausschuss, sondern auch in so vielen und mancherlei besonderen Fällen helfen zu wachen und Sorge zu tragen. Die Verleugnung des eignen Willens macht alle sonst beschwerliche Veränderung der Geschäfte leicht, und meine beständige Absicht war, Gottes Ehre zu fördern und zu retten. Gegen die gnädigste Herrschaft war ich so gesinnt, wie es sich geziemt einem dankbaren Untertan, einem treuen Rat, einem gewissenhaften und dem teuren Vaterland ergebenen Landstand. Gegen Höhere hielt ich mich als einen Geringeren, gegen meinesgleichen handelte ich je und je nach der Gleichheit; Geringere sah ich als solche an, für die die Größeren zum Dienst da sind.

Johann Albrecht Bengel – Regel für Schriftforscher

Was Gott uns vorlegt, das sollen wir ohne Ausnahme anhören; und was uns nicht eröffnet ist, das sollen wir demütig auf sich beruhen lassen. Also gehet man fein sicher einher zwischen dem Fürwitz und der Verschmähung, da die Menschen sonst das eine mal zu nachlässig sind, und manche gute Lehre von sich abweisen, das andere mal aber der eigenwilligen Begierde, alles zu wissen, nachhängen.