Wir führen den Christennamen mit Unrecht, wenn wir Christo nicht nachfolgen. Folgen wir Jesu nicht, so sind wir seine Jünger nicht, daher auch nicht seines Heils teilhaftig, weil es in seiner Nachfolge liegt. Denn die Bekehrung ist nur die Pforte, die Nachfolge Christi aber, ein heiliges Leben, der Weg zum Himmel. Wir müssen Christo folgen und gehorsam sein um jeden Preis. „Allem absagen,“ ist die Bedingung seiner Jüngerschaft und die Liebe das Kennzeichen derselben. Es gibt keinen andern Weg zum Himmel, als den Christus gewandelt, und keine andere seligmachende Religion, als die wahre Nachfolge Christi, in der wir darum auch nur Ruhe finden können für unsere Seelen. Wenn wir Christo nicht nachfolgen, wenn wir nicht tun, wie Christus getan, dann gehen wir verloren. Ein wahrer Christ läßt darum die Nachfolge Christi seine erste und letzte Angelegenheit sein. Wir können und sollen ihm aber nicht in eigener Kraft nachfolgen, sondern in Schwachheit vor ihm wandeln, damit seine Kraft sich in uns verherrlichen könne, denn Gott bedarf nicht unserer Kraft, sondern unserer Schwäche. der wird erst der Gnade Gottes und seiner Seligkeit recht gewiß, der sich ohne Vorbehalt seiner Heilsordnung gehorsam unterwirft. Der Gewinn einer Seele, die sich ganz Gott weihet, ist unaussprechlich, weil es Seligkeit ist, den gütigen Willen des allsehenden Gottes in allem zu erfüllen. Christum lieb haben ist etwas unaussprechlich Seliges (Baxter). Wenn eine begnadigte Seele den Heiland und seinen Geist in ihrem Herzen frei wirken läßt und ihm durch Leichtsinn oder Zerstreuung kein Hindernis legt, erfährt sie wunderbare Gnaden und himmlische Segnungen. Liebst du Christum? Denke daran, wie es dir über etliche Monate oder Tage sein wird, wenn du das wüßtest! Was du solchenfalls tätest, das tue auch jetzt.
Johann Albrecht Bengel – Über die Kirchenzucht
Von wem wird es Gott einmal fordern, was wegen der Kirchenzucht versäumt wird, da es immer einer auf den andern schiebt? Antwort: Von allen wird es gefordert werden, d.h. von denen, die am Brett sitzen und steuern könnten. Die weltlichen Machthaber sind meistens dagegen, wenn auch vom Konsistorium ernsthafte Vorstellungen geschehen. Man gestattet dem Volk gern mehr Freiheit. Es dankt der Obrigkeit dafür und läßt sich hernach in andern Stücken um so mehr mißhandeln und überfordern. Was kann denn ein Pfarrer tun? – Antwort: Es ist wenig zu machen. Man dringt doch nicht durch, und ein paar kleine Versuche sind nicht der Mühe wert. Kurzum: Man sagt eben: So sollte es nicht sein. Es ist Sünde. Man hält desto mehr an mit dem Zeugnis des Worts, bis es durchdringt. Man hütet sich um so sorgfältiger, daß man nicht irgendwie einen Anstoß oder ein Ärgernis gebe.
Johann Albrecht Bengel – Zum Himmelreich eingeladen
Heuchler reden viel vom ewigen Leben, versäumen aber die gegenwärtige Gnade. Du aber trachte, die Gnade recht zu fassen, so wird das andere nicht fehlen. Groß ist der Herr, groß sind seine Gaben, groß ist sein Haus; groß ist unser Elend, unsere Dürftigkeit. Erkenne die dir angebotene Gnade. Laß dich nichts hindern, sie anzunehmen. Laß deine Unwürdigkeit dich nicht abschrecken, dich wirklich einzufinden. Kommen ist nicht Verdienst, aber doch nötig, willst du die Mahlzeit genießen. O komm, kommt! Sonst wird es einmal heißen: Geht hin von mir.
Johann Albrecht Bengel – Gnade
Die Gnade ist überschwänglich und hat vielerlei Anwürfe. Wenn wir alle Beispiele von Bekehrungen beisammen hätten, so würde sich eine große Mannigfaltigkeit zeigen, wie bald dieser, bald jener Punkt der Heiligen Schrift, bald dieser, bald jener Punkt der heilsamen Lehre den Anfang zur Rettung der Seelen gemacht hat, bis es hieß: Was sollen wir tun?
Es ist um die Bekehrung einer Seele nichts, das sich erzwingen läßt. Und ist besser, wenn eine einzige Taube selbst geflogen kommt, als wenn viele in den Schlag eingetrieben werden.
Johann Albrecht Bengel – Über das Gebet zum Heiligen Geist
In der Heiligen Schrift werden die meisten Gebete an den Vater gerichtet, bei den Evangelisten viele an den Sohn, wie zum Beispiel das Gebet des Stephanus in der Apostelgeschichte und einige Gebete in der Offenbarung. An den Heiligen Geist werden keine gerichtet. Warum? – Weil er ein Geist des Gebets ist. Nichtsdestoweniger darf man zu ihm beten; denn wir sind in seinem Namen nicht minder getauft als in den des Vaters und des Sohnes. Der Geist ist unter den Dreien, die da zeugen im Himmel. Die Ökonomie (die göttliche Haushaltung) des Heiligen Geistes wird anfangen, wenn der Geist der Welt, das ist das Wesen der Welt, in dem der Teufel nistet (1. Kor. 2), im Tausendjährigen Reich abnimmt.
Bengel – Aus einem Brief an den Vater
Was mir am meisten gefällt, das ist die Harmonie dieser Männer (Breithaupt, Anton und Francke) untereinander, die sie besonders auch durch gemeinsames Gebet aufrechtzuerhalten suchen. Überhaupt leben die hiesigen Gläubigen auf einem viel vertraulicheren Fuß miteinander, als ich es an andern Orten gesehen habe. Dadurch wird mehr als durch alles andere der geistlichen Schläfrigkeit vorgebaut. Ich schätze es als eine große Gnade, daß ich so viele herrliche und lebendige Beispiele davon sehen kann, was die Kraft des Herrn aus dem Menschen zu machen vermag. Bis dahin war ich fast nur für mich allein ein Christ; hier aber lerne ich einsehen, was es um die Gemeinschaft und die Verbindung der Heiligen ist.
Basilius – Nachfolge
„Hüte dich“, das heißt, nicht was dein ist und nicht deine Umgebung, sondern nur dich selbst sollst du hüten. Denn wir selbst, das Unsrige und das Um-uns sind verschiedene Dinge. Wir selbst sind Seele und Geist, wie wir nach dem Bild des Schöpfers geschaffen sind. Das Unsrige ist der Leib mit seinen Sinneseindrücken. Das Um-uns sind die Güter, die Fertigkeiten und was sonst zum Leben gehört. Was sagt also das Wort? Hüte nicht dein Fleisch, strebe nicht auf jede Weise nach dem, was ihm gut tut, Gesundheit, Schönheit, Freuden und langem Leben. Bewundere auch nicht Besitz, Ruhm und Macht! Du sollst auch die Dinge nicht groß achten, die dir in deinem gegenwärtigen Leben dienlich sind, damit du in der Sorge für sie nicht dein eigentliches Leben vernachlässigst. Sondern „Hüte dich“ heißt: „deine Seele“. Sie sollst du schmücken und um sie besorgt sein, daß aller aus der Bosheit kommende Schmutz durch deine Hut entfernt werde, alle Schande des Lasters abgewaschen werde, um sie mit aller Tugend und Schönheit zu zieren und zu schmücken. Prüfe dich, wer du bist; erkenne deine Natur, erkenne, daß dein Leib sterblich ist, unsterblich aber deine Seele! Erkenne, daß unser Leben zwiefältig ist; eines ist aber der Seele verwandt und hat kein Ende. „Hüte dich“ und hänge dich nicht an das Sterbliche, als sei es unsterblich, aber verachte auch nicht das Ewige, als ginge es dahin!
Basilius – Versuchungen
Die Versuchungen entstehen entweder von zu vielem Stolz, oder von einem zu starken Uebermaß in Speisen und Wein, oder von zu vielem Umgang mit weltlich gesinnten Weibern; wenn diese drey Ursachen nicht vorhanden sind, so sind es Prüfungen von Gott.
Basilius – Feindliche und heilsame Furcht
Nicht jede Furcht ist heilsam, sondern es gibt auch eine feindliche Furcht, von der befreit zu werden, der Prophet bittet, wo er sagt: „Vor der feindlichen Furcht errette meine Seele.“ Feindlich ist die Furcht, die uns Todesangst bereitet, die uns veranlaßt, hochgestellte Persönlichkeiten zu fürchten. Wie kann man in solcher Furcht zur Zeit des Martyriums der Sünde widerstehen bis zum Tode? Wie kann man dem Herrn, der für uns gestorben und auferstanden ist, seine Schuld bezahlen? Auch wer sich leicht vor Dämonen fürchtet, trägt die feindliche Furcht in sich. Letzten Endes scheint diese Furcht aus dem Leiden des Unglaubens hervorzugehen. Keiner, der glaubt, daß ihm ein starker Helfer beisteht, fürchtet sich vor einem, der ihn zu ängstigen versucht.
Du willst, daß ich erkläre, was heilsame Furcht sei? Furcht, die Heiligung wirkt, Furcht, die überlegt, nicht triebhaft, die Seele befällt? Wenn du dich anschickst, eine Sünde zu begehen, dann denke daran, wie furchtbar und unerträglich Christi Gericht ist, wo der Richter auf einem hohen, erhabenen Thron sitzt und alle Kreatur ihn umsteht, zitternd vor seiner herrlichen Erscheinung. Einzeln wird man uns vorführen zur Prüfung unseres Lebens. Dann treten zu dem, der viel gesündigt hat, furchtbare und häßliche Engel, die sind so zornig gewesen, daß sie Glut blicken und Glut atmen, und ihr Gesicht ist so häßlich und grausam, daß es der Nacht gleicht. Da ist ein tiefer Abgrund, undurchdringliche Finsternis und ein lichtloses Feuer, das in der Finsternis brennt, aber nicht leuchtet. Da gibt es eine Art giftiger und fleischfressender Würmer, die niemals satt wird, niemals überdrüssig wird, die bereitet beim Fressen unerträgliche Schmerzen. Da ist die schwerste aller Strafen, die ewige Schmach und Schande. Das fürchte, und durch diese Furcht belehrt, bändige deine Seele damit wie mit einem Zügel vor der Begierde zum Bösen.
Aurelius Augustinus – Was können wir von Gott sagen?
Ohne höheres Licht so viel als Nichts, mit höherem Lichte, so viel als ein Mensch von Gott sagen kann. Die Barmherzigkeit Gottes muß das Meiste thun, muß helfen, daß jeder so viel fasse, als er tragen kann, denn ich sage nur, was ich sagen kann. Den suche ich noch immer, der es sagen kann, wie es ist. Vielleicht, verzeiht mir das kühne Wort, hat auch Johannes nur gesagt, wie er’S konnte, nicht, wie es ist, denn er redet als Mensch von Gott, zwar erleuchtet, aber immer noch Mensch. Als erleuchtet sagt er Etwas, unerleuchtet hätte er nichts gesagt.