Eckbert – Jesus

Erwache, meine Seele, erhebe dich eilend vom Staube, betrachte gespannten Blickes den merkwürdigen Mann, den dir der Spiegel der evangelischen Geschichte vor Augen hält. Wer ist, der dort eintritt mit dem Antlitze eines Königs, und mit der Schmach des niedrigsten Knechtes beladen? Gekrönt geht er, aber seine Krone ist eine Kreuzeskrone, die ihm tausend Blutmale drückt. Mit königlichem Purpur ist er bekleidet, aber statt zur Ehre soll er ihm zur Schande sein. Ein Scepter führt er in der Hand, aber sein ehrwürdiges Haupt wird damit gemißhandelt. Man beugt die Kniee vor ihm, betet ihn an, ruft ihn als König aus, und flugs springt man wiederum heran, um seine Wangen zu bespeien, ihm Kinn und Hals mit Fäusten zu zerschlagen. Entkleidet wird er und mit Geißeln zerfleischt, mit ehernen Nägeln schmachvoll inmitten von Verbrechern ans Kreuz geheftet, Ströme von Blut quellen aus seinen tiefen Wunden. Wer ist es nun, der unter allen Peinigungen seinen Mund nicht aufthut, um zu klagen, zu drohen oder zu verdammen, der vielmehr am Ende ein Segenswort über seine Feinde ausspricht, wie es die Welt nie gehört hatte? Wer ist aber auch der, mit dem Himmel und Erde leiden, dessen Tod selbst Todte lebendig macht? Siehe, meine Seele, das ist dein Herr Jesus Christus, dein Erlöser, der eingeborne Sohn Gottes, wahrer Gott und wahrer Mensch, der allein von Allen, die unter der Sonne, wandeln, ohne Sünde erfunden worden.