Wenn einer aber auch nicht auf all seine Fragen über das Wesen Gottes die Antwort findet, so bedenke er, daß er ein Mensch ist, unendlich viel kleiner als Gott, und daß er die Gnade erst zu einem Teil empfangen hat; er bedenke, daß er dem Schöpfer weder gleich noch ähnlich ist und nicht die Erkenntnis und Einsicht haben kann wie Gott. Soviel kleiner der heute geschaffene und beginnende Mensch ist als der ungeschaffene und ewig sich gleiche Gott, soviel kleiner als der Schöpfer ist er auch an Wissen und an Fähigkeit, den Grund aller Dinge zu erforschen.
Mensch, du bist nicht ungeschaffen und warst nicht immer bei Gott wie sein eigenes Wort! Du hast durch seine überragende Güte nun erst deinen Anfang genommen und durch das Wort lernst du allmählich den Heilsplan Gottes, der dich geschaffen hat. Laß also dein Wissen an seinem Platz und versuche nicht, über Gott hinauszukommen, als hättest du seine Güte nicht erfahren; man kann nicht über ihn hinauskommen. Frage nicht, was jenseits des Schöpfers sei; du wirst nichts finden. Unermeßlich ist der Künstler, der dich gebildet hat; du sollst dir keinen Vater über ihn hinaus ausdenken, als hättest du ihn ganz durchmessen, seine ganze Schöpfung durchschritten und seine Tiefe und Höhe und Länge erschaut. Du wirst dir nichts erdenken können, sondern wirst zum Toren werden in deiner widernatürlichen Denkungsart. Wenn du aber dabei verharrst, so wirst du in Wahnsinn fallen; denn du hältst dich für erhabener und besser als deinen Schöpfer und wähnst, du habest dich über seine Herrschaft erhoben.
Besser und nützlicher ist es also, ein einfacher und ungelehrter Mensch zu sein, der durch die Liebe sich Gott nähert, als ein Vielwisser, der zum Lästerer an seinem Gott wird.