Mochten die Vorfahren immerhin ihre Unkunde zur Entschuldigung haben: du nicht; so hüte dich, daß du nicht vor dem Richterstuhl Christi überführt werdest, du habest die Finsterniß lieber gehabt als das Licht, denn das hat der göttliche Mund Christi als den einzigen Grund unserer Verdammniß hingestellt;
Johannes a Lasco – Wirkung der Verheißung
Wie der Fluch über Adams Sünde alsbald zu wirken begann, so begann auch alsbald die Zertretung des Schlangenhaupts durch die Verheißung; wie wir geboren werden als Kinder des Todes und Zorns von Natur, sofern wir Kinder Adams des Uebertreters sind, so werden wir um des kommensollenden Christus willen andrerseits, nachdem Adam der Verheißung geglaubt hat, zurechnungsweise für Gläubige angesehen, obgleich wir in Sünden geboren werden, – wo wir nur die Verheißung nicht verachten.
Johannes a Lasco – Der Glaube
Der Glaube kommt schlechterdings allein aus dem Worte Gottes durch die Kraft des heiligen Geistes, und das Wort ist nimmer leer, sondern bringt immer seine Frucht im Menschen, nachdem das Gesetz vorgearbeitet hat, wo wir nur nach unsrem schwachen Vermögen dem Gehorsam gegen das Gesetz und den Werken des Geistes immer nachjagen und nicht wider unser Gewissen sündigen.
Johannes a Lasco – Das Evangelium
Das Evangelium wird allen Menschen verkündigt und beschließt alle in sich, außer die es muthwillig verachten, verspotten und lästern; es beweiset aber seine Kraft in dem Armen am Geiste, die mit Sünden beladen treulich arbeiten, dieselben los zu werden.
Johannes a Lasco – Gottes Gnade
Gott läßt seine Sonne aufgehn über alle ohne Ausnahme, um allen gleich zu leuchten, läßt regnen über alle ohne Ausnahme und den heilbringenden Samen seines Gotteswortes über jederlei Acker streuen; seine Schuld ist es nicht, wenn der allenthalben hin gestreute Same des ewigen Lebens hier erstickt, da zertreten wird und dort verdorrt.
Johannes a Lasco – Gottes Erbarmen
Gott erbarmt sich unser aller in unsern Sünden, ebenso gewiß, wie er uns alle unter die Sünde beschlossen hat, d.h. so, daß er von seiner Erbarmung keinen ausschließt, so viel an ihm ist, sondern sie allen anträgt in Christo, der ja durch seine Menschwerdung sich dem ganzen Menschengeschlechte angeschlossen und die Sünde der ganzen Welt durch seinen unschuldigen Tod gesühnt hat.
August Tholuck – Wahrheit
Geliebte, laßt uns alle ohne Unterschied aufs neue mit uns zu Rate gehen, von welcher Art unser Wahrheitsdurst sei! Haben wir es auch recht bedacht, daß das Wesen einer Religion ebenso gewiß nur dadurch verstanden werden kann, daß sie erlebt wird, als die Kraft einer Arznei nur kennt, wer sie einnimmt? So verlangt denn auch unsere Religion zuallernächst eine Prüfung durch die Tat, durch das Leben selbst. Glaubt jemand, daß er nur mehr Wissen bedarf und nicht Heilung, nun, der braucht freilich den nicht, der als ein Heiland in die Welt gekommen, und der überall sich dafür ankündigt, daß er für die Kranken gekommen sei. Vielleicht haben wir alle zuviel Zeit damit verloren, die Arznei von außen zu besehen oder auch zu zergliedern, statt sie einzunehmen. Die ihr nicht von Herzen glauben könnt, ihr habt vielleicht alle den Grund dafür an einer Stelle gesucht, wo er nicht wirklich liegt. Wie, wenn er bei euch allen darin läge, daß die Wahrheit eures Kopfes bei euch zu wenig die Sache eures Lebens ist? Wenn das auch der Grund wäre, warum euch das Geheimnis von Christi Worten noch nicht aufgegangen ist? „So jemand will den Willen des tun, der mich gesandt hat“, o daß das Wort euch vor die Seele trete, daß es euch beschäme, daß es euch zur Selbsterkenntnis führe, sooft ihr darüber zu klagen beginnt, den Weg zum Glaubenslande nicht finden zu können!
August Tholuck – Aus einer Adventspredigt
Wie unschuldig auch viele Zerstreuungen des Lebens an sich sein mögen — üben sie die Gewalt über uns, daß sie den Samen des göttlichen Wortes und die heiligen Entschlüsse und Grundsätze, die daran sich anschließen und darauf sich gründen, aus dem Herzen reißen, dann sind sie nicht mehr unschuldige Vögelein, dann werden sie zu räuberischen Höllengeistern, die es auf den Tod der Seele abgesehen haben. Nur zu heiter und unbesorgt blickt ihr wohl größtenteils auf eure geselligen Zerstreuungen und Vergnügungen, und wo sie nur an dem äußeren Menschen hinspielen und sich nicht unterstehen, den heiligen Samen im Herzen anzutasten, so laßt sie spielen! Aber wie viele mögen unter uns sein, die stets heiter und vergnügt auf die bunten Vögelein hinschauen, ohne es sich auch nur einfallen zu lassen, daß dies die Räuber sind, die sie um ihre besten Güter betrügen, welche den Feind ihrer Seele ganz woanders suchen, als wo er eigentlich zu suchen ist!
August Tholuck – Nachfolge
Der Apostel ruft euch zu: „Wachet, stehet im Glauben, seid männlich und seid stark!“ und hat euch damit alles gesagt, was ihr bedürft, um in der Heiligung zu wachsen. Wachet: Brüder, alles Unheil kommt aus den unbewachten Stunden! Unbewacht aber ist die Stunde, wo der heilige Hüter in euch einschlummert, der Gedanke an Gott und die Ewigkeit. Jeder eurer Genüsse, der vor dem Gedanken an Gott und die Ewigkeit erbleicht, ist Sünde. Und damit nicht jener heilige Hüter einschlummere, o haltet darauf, daß an jedem eurer Tage wenigstens der Teil einer Stunde ausschließlich dem Gedanken an Gott und die Ewigkeit angehöre! O glaubt es mir, Freunde, ich spreche die Erfahrung vieler unter euch aus! Eine solche halbe Stunde des Tages trägt Früchte der Ewigkeit. Wir können in den Zerstreuungen des Lebens der stillen Stunden nicht entbehren. Stehet im Glauben! Steuert dem Zweifel, weil er die stärkste aller Waffen euch entreißen will, das Wort der Wahrheit, wie sie in Christo ist! Nur mit dieser Waffe werdet ihr männlich und stark sein. Ihr werdet die Wahrheit, die ihr geglaubt habt, auch erfahren. Christus wird eine Gestalt in euch gewinnen, und, wenn von allen Seiten her die Anfechtung der Welt auf euch eindringen wird, werdet ihr mit Johannes ausrufen können: „Der, welcher in uns ist, ist stärker, als der in der Welt ist.“
August Tholuck – Aus dem Vorwort zur ersten Auflage der Schrift über die Sünde und den Versöhner.
Ein Kampf der Geister hat auf dem religiösen Gebiet begonnen, wie er vielleicht seit der apostolischen Zeit nicht gewesen. Der Sieg ist noch keineswegs gewiß; daß er auf die Seite derer falle, die rufen: „Hie Schwert des Herrn und Gideon!“, kann nur erbeten werden. Denn zieht auch der krasse Unglaube scheu sein Haupt zurück, desto mutiger tritt im idealistischen Prunkgewande ein feinerer, aber weit tiefer liegender auf, und statt sie zu rechtfertigen, untergräbt er Christi Lehre. Schallt auch Christus wieder und der Lobpreis des historischen Glaubens auf Kanzel und Katheder, ist’s nicht so oft statt des lebendigen der tote Versöhner? Tritt auch hie und da Fürst und Obrigkeit zum Schirm des Christentums auf, ist’s nicht öfter das politische, das man meint, als das evangelische? Nur wenn der Christus siegt, der nicht in vornehmer, sondern in armer Gestalt dahertritt, der lieber dient als sich dienen läßt, der, da er wußte, daß er von Gott kommen war und wieder zu Gott ging, aufstand, Wasser in ein Becken goß und seinen Jüngern die Füße wusch, der nicht Rabbi heißen wollte und nicht seine eigene Ehre suchte, nur dann hat die Gemeinde Gottes den Geist in der Welt überwunden und kann sich freuen.