Azariah Vedanayagam – Vom Sinn des Opfers

Wenn die Propheten Weisungen gaben bezüglich der Mildtätigkeit den Armen gegenüber, erinnerten sie die Israeliten oft daran, daß es ihre Pflicht sei, den Armen zu helfen, weil sie selbst einst arm und des Mitfühlens anderer bedürftig gewesen sind. Dankbarkeit für Gottes erlösende Gnadengaben war der Grund, aus dem heraus großzügiges Geben empfohlen wurde. Viel größer an Weite und Bedeutung als die Erlösung Israels aus Ägyptn war die allumfassende Erlösung durch das Kreuz. Wenn der Apostel Paulus den Christen zu Korinth das opferbereite Geben dringend ans Herz legt, dann beruft er sich auf Jesus Christus selbst: „Ihr wisset, die Gnade unsres Herrn Jesu Christi, daß ob er wohl reich ist, ward er doch arm um euretwillen, auf daß ihr durch seine Armut reich würdet!“ Und weiter fügt er hinzu als den höchsten aller Beweggründe: „Gott aber sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!“

Kierkegaard, Sören Aabye – Christi Opfer – unsere Schuld

Christi unschuldiger Opfergang ist noch nicht vorüber, ob auch der Kelch des Leidens geleert worden ist; ist nicht ein Vergangenes, obwohl es achtzehnhundert Jahre her ist, ist es noch nicht geworden, sogar wenn seitdem achtzehntausend Jahre vergangen sind.

Es ist nicht bloß jene Generation gewesen, die ihn gekreuzigt: Es ist das Menschengeschlecht gewesen, und zu diesem gehören doch auch wohl wir, wenn anders wir Menschen sind, und so sind wir denn wohl gegenwärtig beteiligt, wenn anders wir Menschen sind.

Wir dürften somit denn nicht unsre Hände waschen – wir könnten dies wenigstens nicht anders tun, als Pilatus es gekonnt; wir sind mithin nicht Zuschauer und Betrachter bei einem vergangenen Ereignis, wir sind ja Mitschuldige bei etwas Gegenwärtigem. Wir sind darum nicht so vermessen, dass da nach Art der Dichter von uns Mitleid gefordert werde: Nein, sein Blut wird auch von uns gefordert, die wir mit zum Menschengeschlecht gehören.

Sogar der ihm Nachfolgende, der ihm am ähnlichsten wäre, der nicht etwa, wie der Aberglaube, danach trachtete, seine Wundmale am Leibe zu tragen, sondern dessen Leben ebenfalls Niedergang statt Aufgang gewesen ist, der da ebenfalls, der christlichen Rangordnung gemäß, von Stufe zu Stufe niedergestiegen, verlacht, verhöhnt, verfolgt gekreuzigt worden ist, sogar er, wenn er jener Nacht gedenkt, sogar er ist in ihr zugegen als Mitschuldiger.

Es darf niemand vergessen, dass er in jener Nacht dabei war als Mitschuldiger; niemand darf doch jenes traurige Vorbild vergessen, dem er ansonsten wohl schwerlich gleicht: den Apostel Petrus, der ihn verleugnete. Wir Menschen, sogar, wenn wir aus der Wahrheit sind, werden im Augenblick der Entscheidung mitschuldig. Es gibt im ganzen Menschengeschlecht nicht einen Einzigen, der mit ihm zu tun haben will – und Er ist die Wahrheit!