Für uns ist hier keine bleibende Stadt, kein fester und ruhiger Sitz. Unsere Herzen sollen sich in diesem Lande niemals niederlassen, festsetzen oder anbauen. Wir brauchen, was wir als Durchreisende brauche müssen. Unser Geist aber ist losgerissen, und unsere Füße eilen weiter. Unser Auge geht in die andere Welt. Hier ist Jesus selbst zu Hause. Und hier ist das Vaterland, an das er sein Blut gewendet. Er selbst hat durch seinen Tod am Kreuz zu dieser ewigen Stadt den Grund gelegt. Wer darf sich wundern, daß wie sie fleißig suchen? Bemühet euch nicht vergeblich, uns auf einen anderen Weg zu bringen! Wir lieben unser Vaterland allzu zärtlich, als daß wir zurückbleiben oder uns nur aufhalten sollten. Und wenn ihr nicht mitwollt, so laßt uns laufen, daß wir der Heimat näher kommen! Unsere Begierde wird immer brünstiger; denn wir freuen uns schon zum voraus auf die selige Stunde, da unsere Füße stehen werden in deinen Toren, Jerusalem.
Tag: 16. Oktober 2021
Jakob Vetter – Nachfolge
Wir brauchen Männer, die keine süßlichen Reden führen und keine schönen Worte drechseln. Wir brauchen Kriegsleute, die scharf zielen und den Pfeil wacker losschnellen lassen, die mit tödlichem Geschoß Herz und Gewissen der Sünder durchbohren, die geheimen Begierden und offenen Sünden bloßlegen, die nicht beim Allgemeinen stehenbleiben, sondern das Besondere nennen und strafen. Kurz – wir brauchen gefährliche Männer im besten Sinne des Wortes, die einem die Pistole auf die Brust und das Messer an die Kehle setzen. Schmeichelei sollte man um keinen Preis auf den Kanzeln dulden. Schmeichler sind noch nie Botschafter an Christi Statt gewesen. Sie besorgen ja die Arbeit der Hölle. Rechte Evangelisten, die scharf schießen, legitimiert auch Gott, daß sie, auf die Frucht ihrer Arbeit schauend, auf eine Schar von Menschen zeigen und sagen können: „Hier ist das Siegel unserer Berufung und Erwählung.“.
Gerhard Tersteegen – Rat für Angefochtene
Mit Gott wollen wir uns beschäftigen, nicht so viel mit uns selber, auch nicht mit dem Guten und Bösen in uns. Denn in der göttlichen Sonne bemerken wir unseren Stand besser als durch alles Anschauen unserer selbst. Wer viel das Seine oder sich selbst besiehet, der wird entweder kleinmütig oder hochmütig. Wagen wir es nun mit Ihm und geben wir uns, ohne umzusehen, im Leben und im Tod in seine Hand. Lasset uns nur ruhig die Augen schließen und unbesorgt unten im Schiffchen bleiben, wir sind nur Reisende und keine Steuermänner.
Gerhard Tersteegen – Über viele Worte
Betet viel und redet wenig. Der Schwätzgeist ist eine Zerstörung aller christlichen Zusammenwohnungen, eine Auslöschung der Andacht, eine Verwirrung der Gemüter, eine Verschwendung der Zeit, eine Verleugnung der göttlichen Gegenwart. – Viele Worte sind ein Zeichen meist von einem noch zerstreuten Geist: Wer Gott kommt nah, der lernet schweigen und sich in stiller Ehrfurcht beugen.
Martin Luther – Über die Ehe
Es gibt keine süßere Verbindung als die einer guten Ehe, und es gibt keine herbere Trennung als die einer guten Ehe. Dem kommt nur das Sterben von Kindern gleich; wie weh das tut, habe ich selber erfahren.
Martin Luther – Über Oekolampad
Den Geist Oekolampads bewundere ich, nicht so sehr, weil er denselben Gegenstand behandelt wie ich, sondern weil er so frei, so festen Vertrauens und so christlich ist, der Herr möge ihn bewahren und wachsen lassen. Amen.
Johannes Oekolampad – Aus dem Kommentar zum 1. Johannesbrief
So strengen wir uns im Glauben an, nicht bloß das Leben Christi in uns zu haben. Du sollst darauf auch nicht sagen: aber Christus ist ein Riese, wir sind bloß Zwerge. Glaube nur, so wirst auch du selbst ein Riese sein zum Erstaunen, und der Glaube, nein, der Geist Christi wird durch die Liebe in dir, seinem Rüstzeug, sehr Großes wirken.
Hans Egede – Der Weg Gottes
Wie wunderbar und unbegreiflich ist doch des Höchsten Rat und Weg, indem er uns ganz der Mittel beraubt, welche nach unserer menschlichen Einsicht am meisten die Ausbreitung seiner Ehre fördern könnten. Lehre uns, o Gott, daß wir uns darein ergeben und in einer lauteren, einfältigen Hingabe uns deiner wunderlichen, doch seligen Führung und Leitung anempfehlen.
Alethia Oekolampad – Aus einem Brief an ihren Mann, Christoph Söll, nach Trient
Vergebet einem Herrn Christo nichts, er kann Euch wohl erhalten. Fürchtet Euch nit! Wiewohl ich weiß, daß ihr desselben Sinnes seid, so muß ich Euch doch wissen lassen, wie es in meinem Herzen steht, damit Ihr desto besser handeln könnt. Mein Gemüt ist wie das Euro, darob zu sterben und zu leben, wie es meinem Gott gefällt. Gott gebe Glauben und Stärke, Amen. Ich hätte wohl noch viel zu schreiben, aber Ihr wißt wohl, was ich für eine Schreiberin bin. Darum soll das jetzt gut sein, nicht mehr auf dieses Mal.
Johannes Mathesius – Aus der Predigt vom Glasmachen.
Dies wird euch Bergleuten, die ihr euer Leben hier in Mühe und Arbeit und meistenteils unter der Erde in bösen Wettern, Dämpfen, Hüttenrauch und Nebeln zubringet und dasselbe oftmals drinnen verkürzet, sehr lieblich zu hören sein, weil ihr nicht allein im Glasmachen ein Bild und Gleichnis spüren werdet, wie uns voraus Gott seine Erze wachsen läßt, sondern werdet hier auch einen seligen Bericht hören, welchen Körper und himmlisch Wesen wir armseligen Leute in jenem Leben bekommen werden, wenn dieser Leib leuchten wird wie die liebe Sonne und klarer denn ein Kristall oder Venedisch Glas sein und in Ewigkeit bleiben wird, darin das Blut Jesu Christi brennen und die Flamme des heiligen Geistes leuchten und funkeln wird wie in einem schönen Rubin.