Hofacker, Ludwig – Die Welt überwinden

Was heißt: die Welt überwinden? Man ist in der Welt und ist doch nicht darin. Man lebt in der Welt, aber man läßt sich doch nicht fangen; man besitzt und besitzt doch nicht; man hat und hat doch nicht; man arbeitet und vertieft sich nicht darin; man sorgt, aber man läßt sin Herz nicht davon beschwert werden; man geht mitten durch ein unschlachtiges und verkehrtes Geschlecht, aber Jerusalem zu! Man hält das Wesen dieser Welt unter seinen Füßen.

Hofacker, Ludwig – Vom Teufel

Die Predigt hätte den Vernunftgeistern nicht gefallen, denn der Name des Teufels ist für unser überfeinertes Zeitalter zu derb und zu stark. Aberglaube und Unglaube muß jetzt der Teufel heißen. Ja, Unglaube heißt er wirklich, – und auch Aberglaube; denn der Glaube an sich selbst, an das Eigene, das hoch sein soll, oder an die gefallene Vernunft, oder wie mans heißen mag, ist doch nichts anderes als der Aberglaube.

Hofacker, Ludwig – Überwinden

Was heißt: die Welt überwinden? Man ist in der Welt und ist doch nicht darin. Man lebt in der Welt, aber man läßt sich doch nicht fangen; man besitzt und besitzt doch nicht; man hat und hat doch nicht; man arbeitet und vertieft sich nicht darin; man sorgt, aber man läßt sin Herz nicht davon beschwert werden; man geht mitten durch ein unschlachtiges und verkehrtes Geschlecht, aber Jerusalem zu! Man hält das Wesen dieser Welt unter seinen Füßen.

Hofacker, Ludwig – Ein Bild von Gott

Man hat Eindrücke von Gott und von seiner Wahrheit und will doch die Welt nicht verlassen; man hat wohl hin und wieder die Kraft des Evangeliums erkannt; fühlt, daß es gut sei, sich dem Herrn zu ergeben und nach seinem Willen zu tun: Aber der Same der Wiedergeburt, das Wort Gottes, ist unter die Dornen gefallen, und neben der Sehnsucht, selig zu werden, erheben sich mannigfaltige Absichten Auf Reichtum, Ehre, Bequemlichkeit, sorgenfreies, angenehmes Leben, die man durchaus mit dem Trachten nach dem Himmel vereinigen möchte. Es ist dies ein Beweis, daß man Gott im Grunde nicht liebt, sondern nur die Welt, und es eigentlich mit Gott nur nicht verderben will, weil man das Gericht fürchtet. Ach, das ist ein großes Elend, eine gefährliche Lage, wobei man zwei Herren dienen will und als Heuchler in die Welt hineinlebt! Ein Lied sagt:

„Bei dieser steten Dämmerung,
Wo Tag und Nacht vorhanden,
Wo weder Finsternis genug,
Noch Licht genug entstanden,
Verfehlt die halbe Christenheit
Des rechten Wegs zur Seligkeit.“

Dieser Sinn ist dem Herrn sehr verhaßt. „Wie lange hinket ihr auf beiden Seiten?“ sprach einst Elias zum Volk Israel, da es dem Herrn und dem Baal zugleich dienen wollte; und das Gilt auch uns. „Wer die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Geistes!“

Hildebert von Tour – Geistliche Mahle

Halte oft geistliche Mahle, und laß dir den Tisch mit geistlichen Speisen besetzen. Sprich zum Schmerz, als zu deinem Diener: Lege mir Brod vor, das heißt, Thränen wegen der begangenen Sünden. Sie sollten ja unser tägliches Brod sein. Solches aß der, welcher geschrieben: Thränen sind meine Speise Tag und Nacht! Aber sprich weiter zum Schmerze: Knabe, hast du nicht auch etwas Gekochtes? Bringe mir Solches, denn der Mensch lebt nicht vom Brodte allein. Darauf möge der Schmerz noch drei Gerichte vorlegen. Das erste ist das Gedächtniß an unser Elend, das zweite die Erinnerung an unsre Entfernung von der Heimath, das dritte der Gedanke an die Schwierigkeit der Rückkehr. Indem er das erste bringt, soll er sprechen: Du bist Staub und wirst wieder zum Staube werden! beim zweiten: An den Wassern zu Babel sitzen wir und weinen, wenn wir an Zion gedenken; beim dritten: So der Gerechte kaum erhalten wird, wo will der Gottlose und Sünder erscheinen? Es sind das freilich scharfe, aber gesunde Speisen; sie schmecken bitter, aber wenn man sie verschlungen hat, lassen sie einen Nachgeschmack, süß wie Honig, zurück. Auch tritt sogleich darnach der Mundschenk der Freude heran, und gießt Wein der göttlichen Gnade und Liebe ein. Da wird das ganze Antlitz des Menschen erheitert.

Hildebert von Tours – Gute Werke

Der Herr ermahnt uns, Werke der Liebe und Barmherzigkeit zu thun, so lange wir noch auf dem Acker des Lebens stehen. Denn wenn erst die Zeit vorübergeschwunden und die Ewigkeit gekommen ist, dann ist es zu spät. Keiner wird dort zu dir sprechen: Kleide den Armen, wo Alle in den Kleidern der Unsterblichkeit prangen. Niemand wird zu dir sagen: Bewirthe den Fremdling, wo Alle im Vaterlande leben. Niemand wird sprechen: Besuche den Kranken, wo eine ewige Gesundheit blüht. Niemand wird sagen: Bestatte den Todten, wo der Tod verschlungen ist in den Sieg. So lasset uns denn hier Gutes thun, so viel wir vermögen, lasset uns hier mit Eifer Samen streuen. Die Erndte mag dann früher oder später kommen; wenn sie kommt, wird sie in Ewigkeit nicht aufhören.

Hildebert von Tours – Liebe

Die Liebe dieser Welt ist anfangs süß, am Ende aber wird sie bitter; die Liebe Gottes scheint anfangs bitter zu sein, aber am Ende wird sie süß. Dieß zeigt uns auf eine bemerkenswerthe Weise der evangelische Abschnitt von der Hochzeit zu Cana, wo es heißt: Jeglicher Mensch setzet zuerst guten Wein vor, und wenn sie trunken sind, den schlechten. Du aber hast den guten Wein zuletzt aufbehalten. Der natürliche Mensch nimmt zuerst den guten Wein, das heißt, er läßt sich durch die trügerische Süßigkeit irdischer Lüste blenden; aber wenn erst die falsche Begierde ihn trunken gemacht hat, dann muß er den schlechten Wein trinken, dann tritt das Gewissen mit seinem Stachel hervor. Unser Herr aber giebt den guten Wein zuletzt. Will Er eine Seele mit seiner Liebe erfüllen, so läßt er sie erst durch Leiden und Trübsal gehen, um ihr den Trank der Liebe desto süßer zu machen.

Hildebert von Tours – Suche nach Glück

Staub ist alles fleischliche Wesen, Staub sind alle zeitlichen Reichthümer, der bald verschwindet und wie vom Winde verweht wird. In diesem Staube suchet ihr vergeblich das Glück, vielmehr, da ihr ihn in Hausen zusammen blaset, fliegt er- euch in die Augen und macht euch ganz blind am innern Menschen. Suchet was droben ist! spricht der Apostel. Schüttelt den Staub von euch ab, laßt die Steine und das Blei des Bösen in die Tiefe fallen, zerreißt den Strick des Lasters, daran euch der Teufel festhält, ziehet nicht mehr vor dem Wagen der Sünde, sondern schwingt euch auf Flügeln des Glaubens empor zum Himmel!

Hildebert von Tours – Der Tag des Herrn

Mit dem Tode hören die menschlichen Tage auf und der Tag des Herrn beginnt, von dem geschrieben steht, er komme wie ein Dieb in der Nacht. Was zaudern wir nun hier zu wirken, um im Vaterlande Miterben Christi sein zu können? Hier ist der Kriegsdienst, dort wird der Sold gegeben; hier wird gestreut, dort soll geerntet werden. Die Zeit aber ist kurz, wie der Apostel sagt, denn das Wesen dieser Welt vergehet. Es wartet der Herr, der gesprochen: Ich habe keinen Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern daß sich der Gottlose bekehre von seinem Wesen und lebe! er wartet, daß wir Buße thun sollen. Doch ach wir schlafen, wir haben den Himmel vergessen! Ein Traumleben führen wir, das uns mancherlei Reichthümer vorspiegelt, aber wenn die Todesstunde kommt, werden wir erwachen und mit Schrecken gewahren, wie alles weltliche Glück Täuschung war, und wie wir nackt und bloß davon müssen. O daß wir doch jetzt schon von dem Schlafe der Vergessenheit munter würden! Wache auf, der du schläfst, spricht der Apostel, und stehe auf von den Todten, so wird dich Christus erleuchten!

Hildebert von Tours – Die Schwachheit des Menschen

Der Herr der Herrn, der König der Könige hat unsre Schwachheit nicht verachtet, hat sich des Saamens Abrahams angenommen. Da die menschliche Natur geflohen, weit von ihm geflohen war, hin zu dem Abgrunde des Verderbens, ist er ihr nachgeeilt und hat sie wiederum zurückgeführt. O Wunder, unser schwaches Fleisch ist so hoch geehrt worden, daß es das Wort des Vaters zur Einheit seiner Person erhoben hat! Gottes Sohn ist Mensch geboren, er ist arm geworden, um die Glieder seines Leibes an ewigen Gnaden reich zu machen! Darüber staunt der Himmel, es verwundert sich die Erde, der Mensch erbebt, die Engel beten an. Das ist ein Werk ohne Beispiel, eine Erniedrigung ohne Maaß, ein Geschenk ohne Gleichen.