Jakob Vetter – Über das Gebet

Wie gelangt man zu einem rechten Gebetsleben? Ein Gebetsleben ist ein Leben mit Gott, aus Gott, in Gott und für Gott. Das ist nur möglich bei wahrhaft Wiedergeborenen. Ich muß das voraussetzen, damit ich nicht mißverstanden werde. Um Gebetserhörungen zu erleben, braucht man kein Kind Gottes zu sein. Gott erhört auch die unbekehrten Sünder, ja, selbst die Raben, die zu ihm schreien. Ein Gebetsleben aber können nur die führen, die dem Reich der Finsternis entrückt und in das Lichtreich versetzt sind. Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis. Wer mit dem Vater des Lichts Gebetsumgang haben will, muß gewaschen sein von seinen Sünden. — Unser ganzes Leben muß in seiner Gegenwart in Ordnung gebracht sein. Das ist ganz natürlich. Und wie es gilt, den Herrn mit sich reden zu lassen im innern Gericht, in verborgener Geisteszucht, so gilt es auch, ihn reden zu lassen im äußeren Gericht, in dem, was unser Lebensweg Dunkles, Bitteres und Schweres mit sich führt. — Dieses und vieles andere gehört dazu, um ein Gebetsleben leben zu können. Laß es dich nicht verdrießen, wenn du nicht gleich in den ersten Tagen oder Wochen zu einem solchen Gebetsleben durchdringst! Wenn auch dein Gebetsumgang mit Gott hundertmal unterbrochen wurde, laß dich durch keine unangenehmen Erfahrungen entmutigen! Der Schade einer Unterbrechung deines Gebetslebens ist groß; aber noch schlimmer ist es, wenn du nach solcher Unterbrechung nicht sogleich wieder zu deinem Gott zurückkehrst.