Bernhard von Clairvaux – Der Tod

Mögen sie auch groß und ehrenvoll scheinen, die Güter, welche die Welt ihren Freunden bietet; wie darauf nicht zu bauen ist, kann Jeder erkennen. Gewiß ist es, daß sie nur kurze Zeit bestehen, und daß das Ende dieser kurzen Zeit ungewiß ist. Denn was ist gewisser in menschlichen Dingen, als der Tod, was ungewisser, als des Todes Stunde? Er hat auch kein Mitleid mit der Armuth, keine Achtung vor dem Reichthum, verschont kein Geschlecht, ja kein Lebensalter, nur daß er bei Greisen in der Thür, bei Jünglingen im Hinterhalt steht. Wehe dir, wenn du auf die Schlüpfrigkeit dieses Lebens vertrauend nicht merkst, daß es ein Dampf ist, der nur kurze Zeit währet, voll von Nichtigkeit. Hast du endlich die Würde erlangt, nach der du so lange mit Ehrgeiz strebtest: erhalte denn, was du hast. Hast du deinen Kasten mit Geld gefüllt: kümmere dich, daß du es nicht verlierest. Hat dein Acker reiche Frucht getragen: brich die Scheuern ab, um größere zu bauen, sprich zu deiner Seele: du hast einen großen Vorrath auf viele Jahre! Doch ein Anderer wird sagen: Du Narr, in dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern und weß wird’s sein, das du bereitet hast? Und wenn es nur noch an dem Verluste des Erworbenen genug wäre, wenn nur nicht der Besitzer zugleich unterginge; denn eher ließe es sich entschuldigen, wenn sich Jemand mit vergänglicher, als daß er sich mit verderblicher Arbeit abmüht. Nun aber ist der Tod der Sünde Sold, und wer auf sein Fleisch säet, der wird vom Fleische das Verderben erndten.