Aurelius Augustinus – Traue nicht dem Meer, auch wenn es windstill ist

Christ, laß deine Hoffnung nicht matt, deine Liebe nicht lau werden. Umgürte deine Lenden, zünde deine Leuchte an und laß sie scheinen. Warte deines Herrn, bis er von der Hochzeit kommt. Was wirst du blaß, was bebst du, wenn Reiche untergehen? Dazu ist dir ja das himmlische Reich versprochen, daß du mit dem irdischen nicht zugrunde gehen sollst. Brüder, gründet eure Zuversicht auf den Herrn, sehnet euch nach dem Ewigen, erwartet das Ewige. Brüder, wir sind Christen! Nicht um der zeitlichen Freude wegen stieg Christus in das Fleisch hinab. Die Güter der Erde fordern von uns mehr Duldung als Liebe. Was uns drückt, trägt das Brandmal der Vergänglichkeit – was uns reizt, das Gepräge der falschen Schmeichelei. Trau dem Meere nicht, auch wenn es windstill ist! Es soll nicht umsonst gesagt sein: „Hebet eure Herzen zu den himmlischen Dingen empor!“ Was heften wir das Herz an die Erde, die der Zerstörung nicht entgehen kann?

Arnold von Basel

Wer hat der Sonne das Licht, dem Monde den Schein, den Sternen den Glanz verliehen? Wer hat die Finsterniß der Nacht und die Helle des Tages gemacht? Durch wen sind die Elemente geschaffen? Woher kommt der Lauf der Himmelskörper und der Wechsel der Zeiten? Wer läßt die Wolken in der Luft schweben und bald in Regen sich ergießen, bald trocken vorüberziehn? Wer haucht die Luft und wer richtet die Winde? Wer hat die verschiedenen Arten von Vögeln geschaffen, wer hat ihnen die bunten Federn und die mannigfachen Gesangsweisen verliehen? Wer läßt das Meer brausen und wieder still werden? Wer hat dem Wasser einen Damm gesetzt, daß es nicht die ganze Fläche der Erde überströmt? Wer hat die Menge der Fische und Ungeheuer im Meere gezählt? Wer vermehrt die Fruchtbarkeit der Erde? Wer belebt sie mit vierfüßigen Thieren, Vögeln und Würmern? Von wem rührt das Innere derselben her und von wem werden ihre Adern mit Gold, Silber, andern Metallen und kostbaren Steinen gefüllt? Von wem empfangen die Bäume ihre Früchte, die Kräuter ihre Frische, die Blumen ihren Geruch, die Wurzeln ihre Heilkraft? Woher nimmt der Honig die Süßigkeit, der Essig die Saure, die Salbe den Duft, der Wein die Macht, des Menschen Herz zu erfreuen, die Speise die Kraft, den Leib zu erhalten? Woher stammen die verschiedenen Temperamente der Menschen, ihre mannigfaltigen Sprachen, ihre besonderen Sitten, ihre abweichenden Gesichtszüge? – Siehe, in allen diesen Dingen kannst du deines Gottes Macht, Weisheit, Güte und Vollkommenheit erkennen.