Bernhard von Clairvaux – Die Geheimnisse Gottes

Wenn ich fühle, wie sich mein Verstand öffnet, daß ich die Schrift verstehe, wie mir aus der Tiefe gleichsam zuquellen oder aus der Höhe zuleuchten Blicke in die Geheimnisse Gottes, oder wie sich ein weiter Himmel in mir wölbt, der reichliche Ströme von heiligen Gedanken gleich Regen auf mich herabsendet, so zweifle ich nicht, daß der Sohn Gottes mir nahe ist. Denn des Wortes Kräfte sind dieß, und von seiner Fülle empfangen wir Solches. Wenn dann eine demüthige und tief andächtige Stimmung mich durchwehet, wenn die Liebe zur Wahrheit einen solchen Haß der Eitelkeit erzeugt, daß das Wissen nicht aufblähen mag, so merke ich eine mich väterlich leitende Hand und zweifle nicht, daß der Vater da ist. Und so geht die Verheißung des Herrn an mir in Erfüllung, daß Er mit dem Vater zu uns kommen und Wohnung bei uns machen wolle.