Bernhard von Clairvaux – Gottes Wege

Ich rathe euch, meine Freunde, zuweilen den Fuß von der ängstlichen und beschwerlichen Erinnerung an eure bösen Wege zurückzuziehen, und auf die ebenen und lieblichen Pfade des Andenkens an die göttlichen Wohlthaten zu treten, damit ihr, wenn ihr dort zerschlagen seid, hier wieder Erquickung findet. Nothwendig ist allerdings der Schmerz über die Sünde, aber er muß nicht immerfort währen; er muß untermischt sein mit dem fröhlichen Gedächtniß der göttlichen Liebe. Fern sei es, zu denken wie Cain: Meine Sünde ist größer, denn daß sie mir vergeben werden möge! Nein, des Herrn Liebe ist größer, als jede Sünde. Weil es aber unmöglich ist, all des Guten, was der barmherzige Herr unaufhörlich uns Sterblichen giebt, zu gedenken, so möge doch wenigstens das höchste und vorzüglichste Werk, das Werk der Erlösung nimmer aus unserer Erinnerung weichen. Dieß zu bedenken, ist eine Pflanzstätte seliger Hoffnung, dieß der stärkste Liebessporn.