August Tholuck – Aus dem Vorwort zur ersten Auflage der Schrift über die Sünde und den Versöhner.

Ein Kampf der Geister hat auf dem religiösen Gebiet begonnen, wie er vielleicht seit der apostolischen Zeit nicht gewesen. Der Sieg ist noch keineswegs gewiß; daß er auf die Seite derer falle, die rufen: „Hie Schwert des Herrn und Gideon!“, kann nur erbeten werden. Denn zieht auch der krasse Unglaube scheu sein Haupt zurück, desto mutiger tritt im idealistischen Prunkgewande ein feinerer, aber weit tiefer liegender auf, und statt sie zu rechtfertigen, untergräbt er Christi Lehre. Schallt auch Christus wieder und der Lobpreis des historischen Glaubens auf Kanzel und Katheder, ist’s nicht so oft statt des lebendigen der tote Versöhner? Tritt auch hie und da Fürst und Obrigkeit zum Schirm des Christentums auf, ist’s nicht öfter das politische, das man meint, als das evangelische? Nur wenn der Christus siegt, der nicht in vornehmer, sondern in armer Gestalt dahertritt, der lieber dient als sich dienen läßt, der, da er wußte, daß er von Gott kommen war und wieder zu Gott ging, aufstand, Wasser in ein Becken goß und seinen Jüngern die Füße wusch, der nicht Rabbi heißen wollte und nicht seine eigene Ehre suchte, nur dann hat die Gemeinde Gottes den Geist in der Welt überwunden und kann sich freuen.

August Tholuck – Seligkeit außerhalb Christo

Alle Seligkeit außer Christo besteht in zerrissenen Empfindungen und Ahnungen, welche die Tropfen auf den glühenden Lippen sind, nach denen der Durst nur heftiger wird — blendendes Wetterleuchten in der weiten Nacht, danach die Finsternis nur desto finstrer ist. Wer seine Seligkeit noch nicht anders messen kann als nach flüchtigen Gefühlen — gleichsam über dem Morast des Lebens flackernden Irrlichtern —, oder nach einzelnen aus großen Vergehungen entkeimenden Vorsätzen und Entschlüssen — gleichsam den Wahrzeichen untergegangener Fahrzeuge und Herzen —, der ist noch nicht auf den Fels gegründet, welches ist das Wort von der Versöhnung, das allem Wandel im Menschen ein Ende macht und ihn in der Zeit die Ewigkeit erleben läßt.

August Tholuck – Aus einem Brief an Stier

Mein Inneres ist jetzt stiller als je, ich fühle mich immer weniger von äußeren Dingen abhängend, allein geborgen in meinem Herzen . . . Ich darf — nur seine Gnade bete ich dabei an — sagen: Wo Jesus Christus ist der Herr, wird’s alle Tage herrlicher. Durch diesen Glauben schwinge ich mich über alle Versuchungen hinaus, über allen Trübsinn. Ich habe freilich solche manchmal noch sehr stark, ach, an manchen Tagen treibt mich der Gedanke an den Selbstmord wie ein Gespenst, selbst weckt er mich des Nachts aus dem Schlafe. Aber ich betrachte jetzt diese Gedanken als etwas außer mir Liegendes und nicht zu meinem Ich Gehöriges. Dadurch erhalte ich, daß ich dabei nicht zaghaft werde, sondern sagen kann: Du Teufel erhältst doch nicht den Sieg, sondern ich bin ein Eigentum meines Herrn Christus. Meinst du nicht auch, mein Bruder, daß der Böse am besten überwunden wird, wenn wir einmal im Glauben annehmen, er vermöge gar nicht uns zu überwinden? Ebenso mache ich es auch mit dem Trübsinn. Ich sehe ihn als etwas von außen mir Zugeschicktes an, und wenn tausend bange Bilder meine Phantasie umschweben, rufe ich laut aus: In dem allen überwinden wir weit!, und durch diesen Glauben, daß ich durch den Herrn gewiß überwinden werde, kommt immer wieder ein Freudenstrahl in meine Seele, der wirklich den Trübsinn verteilt. Und so bin ich denn freudig gewiß: der das große Werk in mir Armen angefangen, der wird es auch herrlich vollenden.

Hermann Bezzel – Danken macht stark

Wenn dein Tag im Danke steht, dann steht er auch im Glanze, und wenn er im Glanze steht, steht er in der Kraft. Je mehr ein Mensch dankt, desto stärker wird er.

Ein dankbarer Mensch ist ein tapferer Mensch; ein tap= ferer Mensch ist ein freudenreicher Mensch; und wer an Freude reich ist, der arbeitet für den Sieg des Lichtes.

Hermann Bezzel – Dank

Die rechte Art des Dankes ist nicht beredt in Worten, aber ernstlich in Taten, nicht von vielen Verheißungen, aber von großer Selbstarbeit. Sie läßt das ganze Leben zum Opfer werden und naht dem Herrn nie anders als mit dem Lobpreis seiner Gnade.

Im Dank wächst der Mensch über sich hinaus.

Sobald du eine freundliche Gottesgabe nicht im Dank gebrauchst, wird sie zur größten Gefahr deines Lebens.

Hermann Bezzel – Verwandlung durch Gehorsam

Wenn wir im Gehorsam hingehen, ängstlich und doch froh, zögernd und doch reich, fragend und doch der Antwort gewiß, dann wandelt sich im Gehen unseres Fußes und im Warten unserer Seele die bitterste Not in Freudenwein und der schwerste Tag in eine Stunde des Frohlockens.

Auf dem Wege des Lassens gewinnt man — im Ernst des Leidens erhält man — und je ärmer ein Christ für Christus wird, desto reicher wird er in Gott.

Das ist es, was ich als größte Christenpflicht erachte, daß, wenn ein Engel vom Himmel herabkäme und mich einen andern Weg gehen hieße als den der Ordnung, ich ihn verschmähte und sagte: allein auf dem Weg der Ordnung wird man selig. Was Gottes Wort gegen sich hat, ist unsittlich, und wenn es die höchste Leistung wäre.

Hermann Bezzel – Worum soll man beten?

Bittet Gott um ein schweigsames Herz, in das ihr eure Sorge begrabt, und aus dem ihr euer Gebet vor ihn bringt!

Nicht Gaben, nicht Kräfte, nicht Gnaden, nicht Schätze schenke dieser Gemeinde, sondern eine Liebe, die sich in deine Schranken fügt, und einen Gehorsam, der sich überwindet! Dann wird es einst heißen: Ihr habt mich geliebt; denn ihr seid bei mir beharret. Und wir werden sagen : Deine Gebote sind nicht schwer gewesen dem, der dich liebte.

Im Gehorsam zeigt die Liebe ihre große, im Verzicht ihre höchste Kraft.

Wer etwas Kirchengeschichte erlebt hat, der soll nicht eine Einigung, die von Menschen ausgeht, ersehnen. Wir haben diese Einigung in Deutschland vielmals gewollt, und ich habe den guten, treuen Willen immer dankbar geehrt, aber so gewiß der Mensch nicht scheiden soll, was Gott zusammengefügt hat, so gewiß soll er nicht zusammenfügen, was Gott schied.

Hermann Bezzel – Läuterung

Wer sich IHM ganz erschließt, ihm auf Gnade und Ungnade sich ergibt, weil er selber weiß, wie schlecht er ist, dem tut Jesus die Liebe an und brennt alles weg. Es ist große Liebe, daß wir im Laufe der Jahre uns nicht mehr mit dem Unreinen fortquälen sollen; es ist ewiges Erbarmen, daß er wegbrennt, was uns ins ewige Feuer senken müßte. Laß ihn machen, ob auch die Flamme empfindlich brennt; es ist nicht die Flamme seines Zornes, sondern das Feuer heiliger Liebe. Es ist nicht das Messer des Anfängers, das dein Leben treffen könnte, sondern es ist die geübte Hand des treu geliebten Meisters, der keinen Zoll weiter schneidet, als dir ewig nützt.. Laßt uns im kind= liehen Vertrauen uns ihm ergeben ohne alle vorbehaltliche Bitte und sprechen: Brich entzwei, schneide ein, läutere, tue, was dir gefällt, und lasse mich doch in allem deine Liebe spüren! — Dir gebe ich mein Herz, Mut und Sinn und alle Kräfte zum Opfer. Was du brauchen kannst, ist dein; was mein war, verbrenne; aber laß mich vor dir bleiben in Ewigkeit!

Wer in der Fülle seiner Kraft gedemütigt wird, den macht ER groß.